Reduzierung der Provisionsrückforderung gegenüber Gothaer Versicherungsbank VVaG
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow erreicht in einem gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Stendal für ihren Mandanten eine Reduzierung der Provisionsrückforderung der Gothaer Versicherungsbank VVaG.
Gothaer Versicherungsbank VVaG verklagt ehemalige Versicherungsvertreterin vor dem LG Stendal
Die Beklagte war als selbstständige Handelsvertreterin gemäß der §§ 84, 92a HGB für die Gothaer Versicherungsbank VVaG tätig. Nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages rechnete die Gothaer Versicherungsbank VVaG weiter über das Provisionskonto der ausgeschiedenen Versicherungsvertreterin ab. In der darauffolgenden Zeit wies das Provisionskonto aufgrund nicht bestandsfester Verträge Lastsalden auf.
Nachdem die Versicherungsvertreterin diese nicht ausglich, erhob die Gothaer Versicherungsbank VVaG Klage gegen die Versicherungsvertreterin vor dem Landgericht Stendal und begehrte die vollständige Rückzahlung der aufgelaufenen negativen Saldos. Die Versicherungsvertreterin beauftragte alsdann die Kanzlei Jöhnke & Reichow mit ihrer Verteidigung gegen die Klage.
Darlegung der Provisionsrückforderungen
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wies zunächst darauf hin, dass die seitens der Gothaer Versicherungsbank VVaG eingeklagte Provisionsrückforderung, für die sie die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht hinreichend substantiiert war. Denn das Versicherungsunternehmen, das einen Rückforderungsanspruch geltend macht, hat konkret darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs vorliegen.
Aus Sicht der Kanzlei Jöhnke & Reichow war die geltend gemachte Klageforderung der Gothaer Versicherungsbank VVaG nicht hinreichend substantiiert, da diese lediglich die Versicherungsvertragsnummern der stornierten und beitragsfrei gestellten Verträge angab und die jeweiligen Rückzahlungsforderung nannte. Erforderlich wären jedoch konkrete Angaben zu den Stornierungsgründen und -zeitpunkten sowie insbesondere zu den Nachbearbeitungsmaßnahmen gewesen.
Es oblag somit zunächst der Gothaer Versicherungsbank VVaG, ihre klageweise geltend gemachte Provisionsrückforderung hinreichend zu substantiieren und die konkreten Nachbearbeitungsmaßnahmen unter Beweis zu stellen.
Ausreichende Stornobekämpfungsmaßnahmen?
Die Klage der Gothaer Versicherungsbank VVaG umfasste Provisionsrückforderungen für unterschiedlichste Versicherungsverträge, welche während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages von der Versicherungsvertreterin vermittelt worden waren. Für die diesbezüglichen ins Storno geratenen Verträge nach Beendigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses schlüsselte die Gothaer Versicherungsbank VVaG im weiteren gerichtlichen Verfahren die ihrerseits vorgenommenen Stornobekämpfungsmaßnahmen auf oder wies auf deren Entbehrlichkeit hin.
In einigen Ausnahmefällen kann die bei notleidend gewordenen Verträgen erforderliche Nachbearbeitung tatsächlich entbehrlich sein. Hierbei handelt es sich aber um echte Ausnahmefälle. Im hier zugrundeliegenden Fall lagen diverse solcher Ausnahmefälle vor.
Insbesondere gab es Kleinstornis, Kündigungen von Eigenverträgen und Zahlungsunfähigkeit einzelner Versicherungsnehmer. Außerdem hatte die Versicherungsvertreterin außergerichtlich – zu einem Zeitpunkt, in welchem sie anwaltlich noch nicht vertreten war – einen nicht unerheblichen Teil der gegnerischen Provisionsrückforderung anerkannt.
Kanzlei Jöhnke & Reichow erwirkt Reduzierung der Provisionsrückforderung der Gothaer Versicherungsbank VVaG
Trotz einer Vielzahl nicht erfolgsversprechender und folglich nicht durchzuführender Nachbearbeitungsmaßnahmen sowie der außergerichtlichen Anerkennung eines nicht unerheblichen Teils der Forderung durch die Versicherungsvertreterin konnte durch konstruktive Verhandlung der Kanzlei Jöhnke & Reichow eine Reduzierung der Provisionsrückforderung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches erreicht werden.
Fazit
Das Verfahren zeigt, dass bei einer detaillierten Auseinandersetzung mit Provisionsrückforderungen oftmals Art und Umfang der Stornobekämpfungsmaßnahmen strittig wie diskutabel sind und hierdurch die gegen die Versicherungsvertreterin gerichtete Forderung in der Regel reduziert werden kann.
Autorin: Rechtsanwältin Riccarda-Katharina Graul, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
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