Strategische Vorsorge­beratung sichert Erfolg

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In der Mai-Ausgabe des expertenReport hatten wir über eine richtungsweisende Initiative der Bayerischen bei der Zeichnung von Berufsunfähigkeitsversicherungen für Kunden mit einer psychischen Erkrankung beziehungsweise einer psychotherapeutischen Behandlung in der medizinischen Vita berichtet. So stehen die Chancen für Antragsteller, die aufgrund eines psychischen Akutereignisses ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten, gut. Auch mit der von der Bayerischen angebotenen differenzierten Prüfung psychischer und anderer Vorerkrankungen kann nicht allen Kunden der Zugang zu dem gewünschten Versicherungsschutz garantiert werden.

Ein Beitrag von Alexander Schrehardt, AssekuranZoom GbR

Alexander Schrehardt, Gesellschafter-Geschäftsführer, AssekuranZoom GbR © AssekuranZoom GbR

Für Antragsteller, die an Depressionen oder anderen schweren beziehungsweise chronischen Krankheiten leiden, kann sich der Daumen des Antragsprüfers auch in Zukunft nach unten drehen. Dieses Risiko kann mit einem strategischen Beratungsansatz unter Einbindung einer Grundfähigkeitenversicherung in vielen Fällen vermieden werden.

Das Problem beginnt oft im Kindesalter …

Ein Blick in die Aufzeichnungen des Statistischen Bundesamtes lässt die Alarmglocken schrillen. In einer Pressemitteilung vom 13. Juli 2023 teilten die obersten Datenhüter mit, dass im Jahr 2021 in der Altersgruppe der 10- bis 17-Jährigen psychische Erkranken die häufigste Ursache für stationäre Behandlungen in einem Krankenhaus waren.

So wurden von den 427.600 Kindern und Jugendlichen dieser Altersgruppe, die sich im Jahr 2021 einer stationären Maßnahme unterziehen mussten, rund 81.000 der jungen Patienten, das heißt 19 Prozent, aufgrund von psychischen Problemen ärztlich behandelt. Dabei fällt auf, dass Mädchen häufiger aufgrund von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär behandelt werden müssen: Der Anteil der psychisch behandlungsbedürftigen Mädchen betrug 24 Prozent und der Anteil der Jungen 13 Prozent aller stationären Aufnahmen der jeweiligen Geschlechtergruppe.

Allerdings geben nicht nur die hohen stationären Fallzahlen, sondern auch die Entwicklung der aufgrund einer psychischen Erkrankung von Kindern und Jugendlichen erforderlichen Krankenhausbehandlungen Anlass zur Sorge. So stiegen die Fallzahlen in der Altersgruppe der 10- bis 17-Jährigen von 13 Prozent im Jahr 2011 auf 19 Prozent im Jahr 2021, was einer Zunahme von fast 50 Prozent entspricht.[1]

Depression ist die häufigste Diagnose

Auf seiner Internetseite beziffert der Gesamtverband der Versicherer e. V. den Anteil von psychischen Erkrankungen an den medizinischen Leistungsauslösern einer Berufsunfähigkeit für das Jahr 2021 auf 29,5 Prozent.[2] Von einigen Gesellschaften werden teilweise höhere Zahlen benannt und ein Lebensversicherer beziffert den Anteil der leistungspflichtigen Berufsunfähigkeitsfälle, die mit einer psychischen Erkrankung der versicherten Person begründet wurden, für das Jahr 2020 auf 40,6 Prozent. Bei den psychischen Erkrankungen führen dabei die Depressionen das Feld der leistungsauslösenden Krankheiten an.

Die Diagnose Depression wird dabei immer häufiger bei vergleichsweise jungen Menschen gestellt. In vielen Fällen ist die Erkrankung auf berufliche Überlastung zurückzuführen, aber auch soziale Isolation kann die Weiche in Richtung einer Depression stellen. Für die meisten Menschen, insbesondere für Jugendliche, ist ein Leben ohne Smartphone undenkbar. Kinder und Jugendliche der Altersgruppe 12 bis 19 Jahre besitzen nahezu alle ein Smartphone (98 Prozent) und viele Mitglieder dieser Altersgruppe sind täglich mehrere Stunden online.[3] Medizinische Studien in mehreren Ländern haben gezeigt, dass eine häufige Smartphonenutzung das Risiko, an einer Depression zu erkranken, signifikant erhöht.[4]

Übergewicht und Adipositas

In den letzten Jahren ist die Zahl der übergewichtigen Erwachsenen in Deutschland weiter gestiegen. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland haben einen Body-Mass-Index von ≥ 25. Dabei liegt der Anteil der übergewichtigen Männer mit 60,5 Prozent deutlich über dem Anteil der übergewichtigen Frauen (46,6 Prozent). Bei 19 Prozent der Erwachsenen in Deutschland liegt eine Adipositas, das heißt krankhaftes Übergewicht, vor (BMI ≥ 30). Weltweit hat sich der Anteil der Erwachsenen mit Adipositas seit 1975 verdreifacht und auch in Deutschland ist seit 1990 eine kontinuierliche Zunahme von Erwachsenem mit krankhaftem Übergewicht zu beobachten.[5]

Der Grundstein für einen fortschreitenden Morbus Pirelli wird oftmals bereits im Kindesalter gelegt. Bewegungsmangel, zu viele Süßigkeiten und Fast Food lassen die Hüftringe und das Körpergewicht in Richtung des pathologischen Grenzwertes anwachsen. Eine Weichenstellung in Richtung eines (krankhaften) Übergewichts bereits in jungen Jahren führt bei vielen Betroffenen im späteren Erwachsenenalter zu Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und hebt das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Nicht ohne Grund fordern die Lebens- und Krankenversicherer Angaben zu Körpergröße und -gewicht, denn hohe Behandlungskosten und ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben infolge von Berufsunfähigkeit korrelieren mit dem Body-Mass-Index der Versicherten.

Klimawandel und allergische Erkrankungen

Steigende Temperaturen und immer längere Sonnenperioden haben in den letzten Jahren zu einer zunehmend höheren Pollenbelastung geführt. Der Klimawandel fördert somit das vermehrte Auftreten allergischer Erkrankungen. Dabei spielen nicht nur Pollen, sondern auch Feinstaub und eine höhere Ozonbelastung eine Rolle.[6]

Auch in Deutschland kann das vermehrte Auftreten von Heuschnupfen nachgewiesen werden. Die Kaufmännische Krankenkasse hatte für den Zeitraum 2011 bis 2021 die Anzahl der ICD-Diagnose Rhinopathie (ICD-10 J.30.1) statistisch erfasst und nachgewiesen, dass die Anzahl der von Heuschnupfen geplagten Versicherten bis 2021 um 11,6 Prozent angestiegen war.[7]

In Großstädten kann eine hohe Luftverschmutzung das allergische Potenzial von Pollen noch verstärken. Eine Forschergruppe des Institute of Environmental Medicine am Helmholtz-Zentrum in Augsburg machte eine weitere interessante Entdeckung und führte den Nachweis einer Korrelation von erhöhten Pollenkonzentrationen in der Luft und dem steigenden Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion.[8]

Strategische Weichenstellungen sichern nachhaltigen Erfolg

Auch die deutsche Versicherungswirtschaft muss auf die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den Klimawandel reagieren. Dabei stehen nicht nur extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Überschwemmungen und Erdrutsche, sondern auch die leistungsrelevanten Folgen von steigenden Fallzahlen bei ernährungs- und verhaltensbedingten Zivilisationskrankheiten, von umwelt- oder industriebedingten Emissionen und dem Eintrag von tropischen Infektionskrankheiten auf der To-do-Liste der (Rück-)Versicherer.

Die Bayerische hatte bereits mit Einführung ihrer Grundfähigkeitenversicherung die tariflichen Voraussetzungen für eine lebensbegleitende Vorsorgeberatung zur Absicherung der Arbeitskraft geschaffen. Der aktuelle Tarif garantiert Kunden und Vermittlern mit den drei Tarifstufen Body, Body&Mind und Body&Mind plus sowie optionalen Ergänzungsmodulen nicht nur ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung des Versicherungsschutzes, sondern auch eine an definierte Alters- und Berufsgruppen adressierte Ansprache.

Dafür wurde auch der Grundfähigkeitentarif für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr von dem Münchener Versicherer geöffnet. Damit kann bereits im Kita-Alter die wichtige Weichenstellung für eine nachhaltige Absicherung der Arbeitskraft vorgenommen werden. Ein niedriges Eintrittsalter, ein geringer Beitragsaufwand und eine sehr schlanke Risikoprüfung sprechen für den Abschluss einer Grundfähigkeitenversicherung in diesem Alter. Sofern bei Antragsstellung die Tarifstufe Body&Mind gewählt wird, beinhaltet der Versicherungsschutz neben der Absicherung einer Vielzahl motorischer, feinmotorischer, sensorischer und intellektueller Grundfähigkeiten mit dem Risiko Verlust der Fahrerlaubnis Pkw auch die wichtigste aller Grundfähigkeiten.

Grundfähigkeit Autofahren – Sinn oder Unsinn?

Die Absicherung des Risikos Verlust der Fahrerlaubnis Pkw im Kindesalter erscheint zugegebenermaßen auf den ersten Blick unsinnig. Allerdings erklärt die Bayerische in ihren AVB, dass nicht nur mit dem Verlust, sondern auch mit der Nichterteilung der Fahrerlaubnis Pkw aus medizinischen Gründen ein leistungspflichtiger Versicherungsfall begründet werden kann.

Mit der Aufnahme dieser Risiken in den Katalog der versicherten Grundfähigkeiten gibt der Versicherer bei der Definition der Leistungsvoraussetzungen das Tarifzepter teilweise aus der Hand, denn der Gesetzgeber listet in der Fahrerlaubnisverordnung die Krankheiten, zum Beispiel ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder Epilepsie, die zu einem Verlust der Fahrerlaubnis Pkw führen beziehungsweise der Erteilung einer Fahrerlaubnis Pkw entgegenstehen.[9]

Mit der qualifizierten Absicherung des Risikos Verlust oder Nichterteilung der Fahrerlaubnis Pkw wird allerdings nicht nur die Liste der Leistungsauslöser verlängert, sondern auch die Schwelle zu einem leistungspflichtigen Versicherungsfall herabgesetzt.

Während der Verlust der Grundfähigkeit Sehen bedingungsgemäß entweder mit einem Sehkraftverlust von 95 Prozent oder einer Einschränkung des Gesichtsfelds auf 15° – jeweils bezogen auf das leistungsstärkere Auge – begründet werden kann, fordert der Gesetzgeber als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis Pkw einen beidseitigen Visus von mindestens 0,7, das heißt eine Sehkraft von 70 Prozent, und ein Gesichtsfeld von 120°. Nur im Ausnahmefall und unter Vorlage eines augenärztlichen Gutachtens kann einem Antragsteller mit einer Sehkraft von ≥ 50 Prozent eine Fahrerlaubnis mit Auflagen bewilligt werden.[10]

Natürlich müssen auch die Leistungsvoraussetzungen für andere versicherte Grundfähigkeiten geprüft werden. So hat die Bayerische beispielsweise für die versicherte Grundfähigkeit Hören mit dem Nachweis einer mittel- bis hochgradigen Schwerhörigkeit (Schalldruck 60 db) die Schwelle zu einem leistungspflichtigen Versicherungsfall niedrig und sehr verbraucherfreundlich aufgelegt.

BU-Wechseloption und Nachversicherungsgarantien

In den AVB für ihre Grundfähigkeitenversicherung listet der Versicherer sowohl eine ereignisunabhängige als auch eine Vielzahl von ereignisabhängigen Nachversicherungsgarantien. So kann die versicherte Rente in den ersten fünf Versicherungsjahren ohne eine Gesundheitsprüfung um bis zu 150 Prozent, maximal um 6.000 Euro pro Jahr, erhöht werden.

Mit der Aufnahme eines Studiums, dem Abschluss einer Berufsausbildung und aus anderen Anlässen kann der Versicherungsschutz wiederum ohne Gesundheitsprüfung angehoben werden. Allerdings räumt die Bayerische nicht nur Nachversicherungsgarantien, sondern auch eine Tarifwechseloption bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres der versicherten Person ein.

So kann beispielsweise mit dem Eintritt in das Berufsleben nach dem erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums die Grundfähigkeiten- in eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer maximalen Rentenleistung von 1.000 Euro pro Monat überführt werden. Voraussetzungen hierfür sind eine Vertragsdauer von mindestens fünf Jahren zum Zeitpunkt des Tarifwechsels und ein Abschluss der Grundfähigkeitenversicherung ohne vertragliche Erschwernisse.

Auch nach dem Tarifwechsel kann der Versicherungsnehmer mit dynamischen Anpassungen und der Einlösung von ereignisabhängigen Nachversicherungsgarantien seinen Versicherungsschutz ohne eine erneute Gesundheitsprüfung bedarfsgerecht ausbauen.

Fazit

Mit ihrem Tarifwerk bietet die Bayerische engagierten Vermittlern leistungsstarke Tarifinstrumente für eine lebensbegleitende Vorsorgeberatung. So kann im Kindesalter eine Grundfähigkeitenversicherung mit einem stark verkürzten Antrag eingerichtet, der Versicherungsschutz während der Vertragsdauer mit dynamischen Anpassungen und Nachversicherungsgarantien ohne weitere Gesundheitsprüfungen ausgebaut und gegebenenfalls, zum Beispiel anlässlich des Eintritts in das Berufsleben, in eine Berufsunfähigkeitsversicherung überführt werden. Mit dieser strategischen Vorgehensweise können sich Vermittler einen deutlich höheren Vertriebserfolg sichern.

Siehe auch: Psychische Vorerkrankung: Ein K.-o.-Kriterium für die BU-Versicherung?

Anmerkungen:

[1] Statistisches Bundesamt, Psychische Erkrankungen waren 2021 die häufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen von 10- bis 17-Jährigen, Pressemitteilung Nr. 042, 13.7.2023.

[2] Gesamtverband der Versicherer e. V., 7 Fakten zur Berufsunfähigkeitsversicherung, 23.8.2023.

[3] Feierabend et al., Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, JIM-Studie 2022 – Jugend, Information, Medien, 2022.

[4] Spitzer, Smartphone und Depression: Ursache oder Therapie?, Nervenheilkunde 2018, 1-2, 7.

[5] Schienkiewitz et al., Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland – Ergebnisse der Studie GEDA 2019/2020-EHIS, Journal of Health Monitoring 2022, 7(3), 23

[6] aerzteblatt.de, Klimawandel fördert allergische Erkrankungen, 14.11.2022.

[7] Gnegel, Trend setzt sich fort: Immer mehr Heuschnupfen in Deutschland, Deutsche Apotheker Zeitung, 17.4.2023.

[8] Damialis et al., Higher airborne pollen concentrations correlated with increased SARS-CoV-2 infection rates, as evidenced from 31 countries across the globe, Proceedings of the National Academy of Sciences, 2021, 118(12), 1073.

[9] Anlage 4 FeV.

[10] Anlage 6 FeV

Bild (2): © AssekuranZoom GbR