Der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. benennt in den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 2009 i.d.F. 1.2018) sowohl Kündigungsrechte des Versicherungsnehmers, als auch des Versicherers. Für die Vorsorgeberatung zur Absicherung des Risikos der Arbeitsunfähigkeit mit einer Krankentagegeldversicherung ist dabei das Kündigungsrecht des Versicherers in den ersten drei Versicherungsjahren (§ 14 Abs. 1 MB/KT 2009) von größter Bedeutung.
Immer wieder trifft man auf die Aussage, dass das versichererseitige Recht zur Kündigung der Krankentagegeldversicherung in den ersten drei Versicherungsjahren entfällt, wenn die Krankentagegeldversicherung in Verbindung mit einer Krankheitskostenversicherung abgeschlossen ist. Diese Aussage ist allerdings nicht korrekt. Der PKV Verband führt in § 14 Abs. 1 seiner Musterbedingungen vielmehr aus, dass das Recht zur Kündigung durch den Versicherer nur dann entfällt, wenn beim Versicherungsnehmer ein Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers besteht. Einen Rechtsanspruch auf einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung haben allerdings nur Arbeitnehmer (§ 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Unverbindliche Regelung des PKV Verbands
Das in den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung vom PKV Verband unverbindlich geregelte Kündigungsrecht des Versicherers in den ersten drei Versicherungsjahren hat allerdings auch der Gesetzgeber bestätigt. In § 206 Abs. 1 Satz 4 VVG wurde das Kündigungsrecht des Versicherers in den ersten drei Versicherungsjahren normiert; der Gesetzgeber schließt das Kündigungsrecht des Versicherers nur aus, wenn der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers zu seiner privaten Krankenversicherung hat.
Das Kündigungsrecht besteht somit beispielsweise für Krankentagegeldversicherungen von Freiberuflern und Selbstständigen. Die Kündigung der Krankentagegeldversicherung muss mit dreimonatiger Frist zum Ende des Versicherungsjahres erfolgen, das heißt auch nach der Kündigung durch den Versicherer hat der Versicherungsnehmer im Fall einer fortbestehenden, bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit Versicherungsschutz bis einschließlich zum 30. Tag nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses (§ 7 Satz 2 MB/KT 2009).
Nachdem die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung der Krankentagegeldversicherung durch den privaten Krankenversicherer mit der Häufigkeit und der Höhe der Leistungen, aber sicherlich auch unter Berücksichtigung von chronischen und progredient fortschreitenden Erkrankungen des Versicherungsnehmers, steigt, kann eine Kündigung des Vertragsverhältnisses für den Versicherungsnehmer weitreichende und höchst unangenehme Folgen haben.
So stehen eine versichererseitige Kündigung und wiederholte Zeiten der Arbeitsunfähigkeiten, eventuell verbunden mit schwerwiegenden, medizinischen Diagnosen, dem Neuabschluss einer Krankentagegeldversicherung entgegen. Dies wirft nun die Frage auf, ob ein versichererseitiges Kündigungsrecht in den ersten drei Versicherungsjahren aus Sicht des Versicherungsnehmers eine unangemessene Benachteiligung i.S. von § 307 Abs. 1 BGB darstellt? Von einer unangemessenen Benachteiligung ist dabei auszugehen, wenn eine vertragliche Regelung von einer gesetzlichen Regelung abweicht oder wesentliche Vertragsrechte und -pflichten so einschränkt, so dass der Vertragszweck gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 BGB).
BGH sagt Nein zur Unangemessenheit
Mit seinem Urteil vom 16.01.2017 (IV ZR 152/16, VersR 2017, 540) verneinte der Bundesgerichtshof die Unangemessenheit des Kündigungsrechts des Versicherers. Der vierte Senat erkannte auch keine Gefährdung des Vertragszwecks, sondern bewertete das Kündigungsrecht, aufgrund der Beschränkung auf die ersten drei Versicherungsjahre, als Probezeit, in der das Versicherungsunternehmen die Weiterversicherung des übernommenen Risikos unter Berücksichtigung des Prämienaufkommens und dem Interesse der Versichertengemeinschaft prüfen kann.
Das vom Gesetzgeber eingeräumte Kündigungsrecht des Versicherers in den ersten drei Versicherungsjahren wurde halbzwingend normiert, das heißt die Versicherungsunternehmen dürfen in ihren Versicherungsbedingungen von der gesetzlichen Regelung nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichen (§ 208 Satz 1 VVG). Dies bedeutet, dass die privaten Krankenversicherer allerdings zum Vorteil der Versicherungsnehmer auf das Recht einer Kündigung der Krankentagegeldversicherung in den ersten drei Versicherungsjahren verzichten können.
Ein Beitrag von Alexander Schrehardt, Geschäftsführer Consilium Beratungsgesellschaft für betriebliche Altersversorgung mbH.
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