Sträflich unterschätztes Risiko: Der Pflegefall

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Die Fakten sind seit Jahren bekannt und werden regelmäßig ignoriert. Pflegefallzahlen und -kosten klettern von Jahr zu Jahr unaufhaltsam in die Höhe. Das Bundesministerium für Gesundheit bezifferte die Anzahl der Leistungsempfänger zum Stichtag 31.12.2020 auf 4,32 Millionen.

Ungeachtet des Zuwachses bei den Pflegefallzahlen und der Kostensteigerung in der ambulanten und stationären Pflege verschließen noch immer sehr viele Verbraucher und nicht wenige Vermittler*innen die Augen vor der zwingend notwendigen Eigenvorsorge.

Immer wieder wird dabei das Abwehrargument vorgetragen, dass das Risiko einer Pflegebedürftigkeit alterskorreliert und man die Einrichtung eines Vorsorgevertrages „erst einmal hintanstellen könnte“.

Die Leistungsstatistik des Bundesministeriums für Gesundheit zeichnet hier ein anderes Bild. So waren von den 4,32 Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2020 bereits 23,6 Prozent Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die ihr 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Alexander Schrehardt, Gesellschafter-Geschäftsführer, AssekuranZoom GbR

Auch das regelmäßig vorgetragene Argument, dass auch im Fall einer Pflegebedürftigkeit ein  Leistungsanspruch aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung besteht, greift zu kurz. So soll die versicherte BU-Rente eine (anteilige) Einkommensersatzleistung absichern. Die für eine ambulante oder stationäre pflegerische Versorgung anfallenden Kosten können mit der monatlichen Rentenleistung aus einer BU-Versicherung nicht ausgeglichen werden.

Vor allem Versicherungsmakler*innen sollten in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass sie Kund*innen auf erkennbare Risiken hinweisen müssen. Selbstverständlich steht es jedem frei, der Empfehlung aus der Beratung zu folgen oder deren Vorsorgevorschlag abzulehnen. Was immer Kund*innen entscheiden, in jedem Fall sollte der Wunsch gewissenhaft dokumentiert werden.

Ambulante Pflege dominiert…

Nahezu kein Versicherter zieht gerne und freiwillig in ein Pflegeheim. Die Aufgabe der eigenen Wohnung, des liebevoll gepflegten Einfamilienhauses und der eigenen Gartenanlage wird in der Alltagspraxis so lange wie irgendwie möglich.

Die Aufgabe der eigenen Wohnung, des liebevoll gepflegten Einfamilienhauses und der eigenen Gartenanlage wird in der Alltagspraxis so lange wie irgendwie möglich hinausgeschoben. Der Umzug in eine Pflegeeinrichtung ist nicht nur mit der Aufgabe der gewohnten Umgebung, sondern auch mit der Einschränkung oder sogar dem vollständigen Verlust der sozialen Kontakte verbunden. Eine albtraumhafte Vorstellung, der mit der Organisation einer ambulanten pflegerischen Versorgung begegnet werden kann. Viele Angehörige sichern deshalb täglich allein die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Familienmitglieder. Die aufopfernde Fürsorge ist jedoch oft der Tatsache geschuldet, dass die Zuzahlungen für einen ambulanten Pflegedienst nicht bezahlt werden können und die monatlichen Pflegegeldzahlungen der Pflegekassen für die laufenden Haushaltskosten benötigt werden.

Im Jahr 2020 war die ambulante Laienpflege mit 51,3 Prozent eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung. 13,4 Prozent der Versicherten nahmen Kombinationsleistungen in Anspruch und nur 4,1 Prozent der Pflegebedürftigen wurden ausnahmslos durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand.

Oftmals unterschätzt: Die Kosten für den Pflegedienst

Wenn die Absicherung des Pflegefallrisikos im Beratungsgespräch thematisiert wird, treffen Vermittler*innen regelmäßig auf zwei Pauschalaussagen:

  • „Dafür gibt es ambulante Pflegedienste.“
  • „Die Kosten trägt die gesetzliche Pflegeversicherung.“

In der Tat bieten ambulante Pflegedienste ein umfassendes Leistungsspektrum und natürlich beteiligt sich die für den Versicherten zuständige Pflegekasse mit den sogenannten Pflegesachleistungen an den Kosten einer ambulanten pflegerischen Versorgung durch einen Dienstleister. Allerdings haben die meisten Kunden keine Vorstellung von den hierfür anfallenden Kosten.

Qualifizierte Anbieter haben auf ihren Internetseiten Pflegekostenrechner eingestellt, mit denen die Gesamtkosten kalkuliert und die verbleibenden Restkosten ermittelt werden können. Diese sind vom pflegebedürftigen Versicherten nach Abzug der Leistungen der Pflegekasse zu zahlen.

Mit einem Zahlenbeispiel können Vermittler*innen die finanzielle Belastung am besten verdeutlichen:

Der 55-jährige Max Mustermann wurde nach einem schweren Schlaganfall und einer daraus resultierenden halbseitigen Körperlähmung in Pflegegrad 3 eingestuft. Die Familie beauftragt einen ambulanten Pflegedienst mit der pflegerischen Versorgung. Von Montag bis einschließlich Freitag übernimmt der Pflegedienst am Morgen und am Abend die kleine und einmal in der Woche eine große Körperpflege (Duschen) von Herrn Mustermann.

Auch der Transfer aus und in das Bett, das An- und Auskleiden sowie die Mobilisation des Patienten sichert das private Pflegeteam. Für die Versorgung von Herrn Mustermann an den Wochenenden, die Zubereitung und die Hilfestellung bei der Einnahme von Getränken und Mahlzeiten, für den Toilettengang und alle hauswirtschaftlichen Aufgaben sind die Familienmitglieder verantwortlich.

Die Gesamtkosten für die pflegerische Versorgung durch den ambulanten Pflegedienst an fünf Wochentagen beziffern sich monatlich auf 2.374,92 Euro. Nach Abzug der Pflegesachleistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.298 Euro verbleiben Restkosten von 1.076,92 Euro pro Monat, die der Versicherte aus der eigenen Tasche bezahlen muss.

Sofern der ambulante Pflegedienst auch mit der Versorgung an den Wochenenden beauftragt werden müsste, würden die Gesamtkosten der ambulanten Pflege auf 3.339,99 Euro pro Monat beziehungsweise der vom Versicherten zu tragende Eigenanteil auf 2.041,99 Euro pro Monat ansteigen.

Bei dieser Zahlenbetrachtung muss ferner berücksichtigt werden, dass die Kosten der normalen Haushaltsführung, für Miete oder den Unterhalt des Eigenheims, für Kleidung, die Beiträge zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung et cetera auch im Fall einer Pflegebedürftigkeit fortlaufend anfallen.

Es ist somit nicht verwunderlich, dass 387.156 pflegebedürftige Versicherte im Jahr 2020 Leistungen der Sozialhilfe aufgrund Pflegebedürftigkeit in Anspruch nehmen mussten. Eine rechtzeitige, qualifizierte und nachhaltige Eigenvorsorge ist das Gebot der Stunde.

Die Pflegemonatsgeldversicherung der Württembergischen Krankenversicherung

Vor dem Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung müssen die Versicherungsbedingungen auf den Prüfstand gestellt werden.

Neben den möglichen Tarifleistungen sollten vor allem auch die Auslegung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, der Geltungsbereich des Versicherungsschutzes, die Leistungsvoraussetzungen im Versicherungsfall, die Möglichkeit einer verbesserten Absicherung der vollstationären Pflege, die beitragsfreie oder beitragspflichtige Fortführung des Versicherungsvertrages im Fall einer Pflegebedürftigkeit der versicherten Person und vom Versicherer eingeräumte Nachversicherungsoptionen kritisch unter die Lupe genommen werden.

Bei der ergänzenden Absicherung des Pflegefallrisikos mit einer privaten Pflegezusatzversicherung sollte die vom Versicherer in den AVB verwendete Definition einer leistungspflichtigen
Pflegebedürftigkeit der versicherten Person zwingend geprüft werden.

Der empfehlenswerte Gleichklang der Definition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit und der Voraussetzungen für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit in den AVB des Anbieters einer Pflegezusatzversicherung mit den Rechtsnormen der §§ 14 und 15 SGB XI findet sich im Bedingungswerk für den Tarif PZ der Württembergischen Krankenversicherung.

Die Gesellschaft räumt ferner einen weltweiten Versicherungsschutz ein. Dies ist nun kein Alleinstellungsmerkmal, da auch andere Gesellschaften eine weltweite Geltung des Versicherungsschutzes in ihren AVB erklären. Allerdings muss eine leistungspflichtige Pflegebedürftigkeit nicht in Deutschland festgestellt werden.

Vielmehr räumt die Württembergische Krankenversicherung eine gutachterliche (Über-)Prüfung der Leistungsvoraussetzungen basierend auf den sozialrechtlichen Grundlagen auch im Ausland ein. Vor allem für Residentials, die ihren regelmäßigen Aufenthalts- oder Wohnort ins Ausland verlegt haben, ist dies von Vorteil.

Die Motivation einer Verlegung des regelmäßigen Aufenthalts- oder Wohnortes in das Ausland kann im Fall einer Pflegebedürftigkeit beispielsweise mit den im europäischen oder außereuropäischen Ausland oftmals signifikant niedrigeren Pflegekosten begründet sein.

Vor allem bei älteren Demenzpatienten kommt es immer wieder vor, dass Versicherungsleistungen aus einer privaten Pflegezusatzversicherung nicht oder erst verspätet abgerufen werden, da der Versicherungsnehmer die Erinnerung an seinen flankierenden Versicherungsschutz verloren und die Angehörigen von einem bestehenden Versicherungsvertrag keine Kenntnis hatten.

Die Württembergische Krankenversicherung erklärt in ihren AVB ein zeitlich unbefristetes, rückwirkendes Leistungsanerkenntnis ab dem Zeitpunkt, in dem die Feststellung der Pflegebedürftigkeit nachgewiesen wurde.

Nachdem der Leistungsanspruch beispielsweise mit dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen oder auch dem Leistungsbescheid der zuständigen Pflegekasse begründet werden kann, gestaltet sich auch ein rückwirkender Abruf der Versicherungsleistungen unproblematisch.

Der Tarif PZ ist modular aufgebaut, das heißt, der Versicherungsnehmer kann seinen Versicherungsschutz individuell ausgestalten. So kann dieser wahlweise alle Pflegegrade, die Pflegegrade 2 bis 5, die Pflegegrade 3 bis 5, die Pflegegrade 4 und 5 oder auch nur den Pflegegrad 5 umfassen.

In Abhängigkeit von der gewählten Tarifstufe – KompaktSchutz, KomfortSchutz oder  PremiumSchutz – bemisst sich dann die Höhe des versicherten Pflegemonatsgelds; alternativ kann die Höhe des Versicherungsschutzes auch individuell vereinbart werden.

Erfreulicherweise sehen die Musterpakete ab Pflegegrad 2 durchgängig höhere Leistungen von 1.400 Euro pro Monat (KompaktSchutz), 1.600 Euro pro Monat (KomfortSchutz) beziehungsweise von 1.800 Euro pro Monat (PremiumSchutz) für den Fall einer vollstationären Pflege vor.

Sofern sich ein Kunde für den KomfortSchutz oder den PremiumSchutz entscheidet, sehen die Tarifbedingungen bei erstmaligem Eintritt einer leistungspflichtigen Pflegebedürftigkeit (ab Pflegegrad 2) eine zusätzliche Einmalleistung von 2.000 Euro beziehungsweise 4.000 Euro vor.

Für Versicherte mit einem PremiumSchutz beinhaltet der Versicherungsschutz auch einen Pflege-Airbag mit einer zusätzlichen monatlichen Leistungszahlung in Höhe von 1.500 Euro in den ersten sechs Monaten nach Eintritt einer leistungspflichtigen Pflegebedürftigkeit.

Bei der Einmalleistung und dem Pflege-Airbag handelt es sich um eigenständige Zusatztarife, die auch außerhalb der Pakete zusätzlich abgeschlossen werden können.

Pflege des Versicherungsschutzes mit Nachversicherungsoptionen

Während der Covid-19-Pandemie waren die Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen, aber auch die Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste im besonderen Maße belastet und die berechtigte Forderung nach einer besseren Vergütung wurde thematisiert.

Mit verpflichtenden Tarifverträgen sollen nunmehr Dumpinglöhne vermieden und eine leistungsgerechte Entlohnung des Pflegepersonals gesichert werden. Eine wichtige Maßnahme zur Sicherung der pflegerischen Versorgung in einer überalternden Gesellschaft, aber natürlich auch eine  Entscheidung in Richtung weiter steigender Pflegekosten.

Vor dem Hintergrund der Kostendynamik sind optionale Angebote für regelmäßige und außerplanmäßige Erhöhungen des Versicherungsschutzes im Rahmen von dynamischen Anpassungen und Nachversicherungen ohne erneute Gesundheitsprüfung gefordert.

Nach den AVB der Württembergischen Krankenversicherung kann das versicherte Pflegemonatsgeld bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres der versicherten Person um 4 Prozent pro Jahr oder alternativ in zwei- oder dreijährigen Intervallen erhöht werden.

Die Württembergische Krankenversicherung räumt ferner in den ersten fünf Vertragsjahren im Rahmen einer ereignisunabhängigen Nachversicherungsoption und anlässlich definierter Ereignisse eine Erhöhung des Versicherungsschutzes ohne eine erneute Gesundheitsprüfung ein.

Voraussetzungen sind, dass die versicherte Person zum Zeitpunkt der Einlösung einer ereignisunabhängigen Nachversicherungsoption ihr 21. Lebensjahr vollendet (für ereignisabhängige Nachversicherungen gilt kein Mindestalter) und ihr 50. (ereignisunabhängige Nachversicherungsoption) beziehungsweise 70. Lebensjahr (ereignisabhängige Nachversicherungsoption) noch nicht vollendet hat.

 

 

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