Amazons NFT Marktplatz – Fluch oder Segen?

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Amazon will im April 2023 mit seinem NFT Marketplace live gehen. Damit folgt der E-Commerce-Riese Firmen wie Nike oder Adidas, die mit ihren Vorstössen und NFT-Geschäftsmodellen Vorreiter in der Branche waren.

Raphael Zumsteg, Krypto-Experte und Co-Founder, ChainDigger GmbH

Der E-Commerce-Riese gibt sich bedeckt, bislang sind erst wenige Informationen über den geplanten NFT Marktplatz durchgesickert. Raphael Zumsteg, Schweizer Krypto-Experte und FinTech-Unternehmer, ordnet diese in den Web 3.0 Kontext ein und teilt seine Einschätzung, welchen Einfluss der Marktplatz auf die NFT-Branche haben wird.

Zum Hintergrund

Amazon hält sich bislang mit Informationen zurück, welche Strategie das Unternehmen im NFT-Bereich genau verfolgen will. Es wurden allerdings schon einige Partnerschaften geschlossen. Bereits bekannt ist, dass der Amazon NFT Marketplace Ende April live gehen und – zunächst nur Kunden in den USA – 15 NFT-Kollektionen zum Kauf anbieten wird. Diese sollen über den ganz normalen Amazon Account erhältlich sein, bezahlbar mit Fiat-Geld.

Amazons NFT Marktplatz im Kontext von Web 3.0

Zentral anstatt Dezentral

Mit Web 3.0 wird die nächste Generation des Internets bezeichnet, die auf dezentralisierter Technologie basiert. Hierzu gehört u.a. die Blockchain mit ihren Produkten NFTs und Krypto-Währungen. Amazons Angebot unterscheidet sich hiervon: Der Kunde kauft mit Fiat-Geld und über den Amazon Account, also zentralisiert und kontrolliert durch Amazon. Man könnte fast von einem Web 2.5 Projekt sprechen, da es sich erst bei Kommunikation und Ersichtlichkeit der NFTs auf einer Blockchain um ein echtes Web 3.0 Projekt handelt.

Shop versus Marketplace

Spannend ist auch die Bezeichnung «Marktplatz», denn in einem Marketplace werden bereits bestehende NFTs weiterverkauft. Die passendere Bezeichnung wäre hier wohl eher «Shop», da der Kunde neben weiteren Amazon-Produkten auch NFTs kaufen kann. Sollte Amazon am Titel «Marketplace» festhalten, müsste das bedeuten, dass Kunden mit Amazon Partnerschaften eingehen können, um eigene NFTs über den Marktplatz verkaufen zu können. So wie es heute schon bei anderen Produkten der Fall ist.

«Utility» der NFTs: Handel versus Halten

Ersten Informationen zufolge sollen die Amazon NFTs mit echten Produkten verknüpft sein. Um welche es sich dabei genau handelt, ist bislang noch nicht bekannt. Experten vermuten, dass man mit dem NFT spezielle und limitierte Fashion- Artikel erwerben kann. Der Kunde hat dann ein digitales NFT und eine Jeans, die Hose wird nach Hause geliefert. Sofern es sich tatsächlich um einen Marktplatz handelt, stellt sich die Frage, was mit der Jeans beim Verkauf des NFTs über den Marktplatz passiert: Muss diese ebenfalls versendet werden? Falls nicht, ist bislang unklar, wie genau die Nützlichkeit der NFTs aussehen wird.

Zahlung mit Fiat-Geld ermöglicht einen einfachen Einstieg

Durch die Möglichkeit, über den bestehenden Account zu kaufen, verringert Amazon die Einstiegshürde für einen NFT-Kauf massiv: Potentielle Käufer müssen nicht darüber aufgeklärt werden, wie ein Krypto-Wallet eingerichtet oder verwendet wird. Zudem kennen die Nutzer bereits den bedienerfreundlichen Amazon-Shop und finden sich einfach zurecht.

Zugriff auf eine sehr große Zielgruppe

Amazon hat mit 150 Millionen Nutzern alleine in den USA eine enorme große Zielgruppe, die dem Versandhändler bereits vertraut. Dies ist nicht nur für den erstmaligen Verkauf der Amazon NFTs spannend, sondern auch für die Errichtung eines Marktplatzes, wo einem Verkäufer eine Vielzahl an potentiellen Käufern gegenüber stehen.

Publicity durch Markt-Dominanz

Mit weltweit über 310 Millionen aktiven Nutzern ist Amazon im Vergleich zu OpenSea, dem aktuell größten NFT Marktplatz mit knapp 3 Millionen Nutzern, ein Riese. Wenn sich nur 1Prozent der aktiven Amazon-Nutzer für NFTs interessieren, ist der amerikanische Versandhändler bereits Marktführer – und wird ordentlich Aufmerksamkeit generieren.

Wieso der Amazon NFT-Marketplace ein Fluch ist

Utility & Use Case der NFTs

Wie oben angesprochen, ist die Nützlichkeit der NFTs aktuell noch nicht bekannt. Auch was bei einem Weiterverkauf der NFTs mit den realen Assets passiert, ist bislang noch unklar. Hier ist es wichtig, dass Amazon von Beginn an Klarheit schafft, um nicht zur Lachnummer zu verkommen und NFTs zu veräußern, nur um mit anderen Playern mithalten zu können.

Noch kein echtes Web 3.0 Projekt

Web 3.0 mit der dezentralen Technologie setzt neue Massstäbe im Bereich Datenschutz und Datenkontrolle. Dies wird von vielen Krypto- und Blockchain-Nutzern – im Vergleich zum traditionellen Finanzsystem – sehr geschätzt. Beim geplanten Amazon NFT Marketplace, gemäß aktuell verfügbarer Informationen, wird dies aber noch nicht der Fall sein, da der Kaufprozess über Amazon und die üblichen Fiat-Zahlungsmethoden abgewickelt wird.

Fazit: Amazon startet mit seinem NFT Marketplace ein äußerst spannendes Projekt, das medial und international Aufsehen erregen wird. Zudem wird – alleine auf Grund der Nutzeranzahl – ein massives Wachstum der Blockchain-Branche zu erwarten sein. Allerdings wird sich erst noch beweisen müssen, ob die Amazon-NFTs tatsächlich nützlich sind und somit langfristig bedeutsam sein werden.

Der Autor: Raphael Zumsteg, 24, ist Krypto-Experte und Co-Founder des Schweizer FinTech ChainDigger, das NFTs mit echten Sachwerten in Form von raren Luxusgütern hinterlegt. Mit seiner Firma erschafft der Schweizer NFTs mit realen Werten und einem echten Kundennutzen.

Bild (2): © ChainDigger GmbH