Krieg in der Ukraine betrifft deutsche IT-Dienstleister stark

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Inflation, Rezession, Energiekrise: Der Krieg in der Ukraine hat zahlreiche Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft zur Folge. Bei allen neu auflodernden Krisen rücken wichtige Megatrends wie die Digitalisierung mittelfristig aus dem Fokus. Aber auch hier sind Antworten gefordert, um nicht langfristig ins Hintertreffen zu geraten und die IT-Branche zu verlieren.

So sagt mehr als die Hälfte der IT-Dienstleister, dass ihr Geschäft durch den Konflikt negativ beeinträchtigt ist – bei großen Unternehmen sind dies sogar fast drei Viertel. Zudem gibt die Hälfte der IT-Dienstleister an, durch massenhafte Cyber-Schwachstellen wie dem Log4j-Bug mehr Aufträge als im Vorjahr zu verzeichnen. Außerdem erschwert der anhaltende Fachkräftemangel (auf Auftraggeber- und Auftragnehmerseite) weiterhin den Fortschritt der Digitalisierung in Deutschland. Weiterhin besteht eine Diskrepanz zwischen Risikowahrnehmung der Befragten und Schaden-Realität. Viele Unternehmen sind daher nicht ausreichend gegen potenzielle Cyber- und Datenrisiken abgesichert.

Steigende Aufträge durch Cyber-Bedrohungen – Einbußen wegen Russland-Ukraine-Krieg  

Der Hiscox Cyber Readiness Report 2022 zeigt eine weitere Verschärfung der Cyber-Bedrohungslage, unter anderem durch massenhaft auftretende Cyber-Schwachstellen wie den Log4j-Bug. Die deswegen erhöhten Ausgaben für IT-Sicherheit sind auch bei den IT-Dienstleistern zu spüren: So gibt mehr als die Hälfte der Befragten einen Anstieg der Aufträge aufgrund wachsender Cybergefahren an. Insbesondere sehr große Unternehmen profitieren hiervon am stärksten (70,4 Prozent). 

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Dagegen führt laut Umfrage auch der Krieg in der Ukraine zu einer höheren Planungsunsicherheit. So gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, dass dieser das eigene Geschäft negativ beeinträchtigt. Hier zeigt sich eine starke Diskrepanz zwischen großen und kleinen Unternehmen: So stimmen 72 Prozent dieser Aussage zu, von den kleinen Unternehmen geben allerdings mehr als zwei Drittel (69 Prozent) an, dass sie keinen solchen negativen Effekt auf ihr Geschäft feststellen können. 

Deutlicher Digitalisierungsschub durch Corona – aber Hemmnisse bestehen

Am Ende der Corona-Pandemie fällt das Digitalisierungs-Fazit deutlich besser aus: Gaben im vorherigen Jahr nur 19 Prozent der Befragten an, die Corona-Krise habe die Digitalisierung auf Auftraggeberseite angekurbelt, stieg der Wert zum Ende der Corona-Krise auf über zwei Drittel. Dennoch wirken hier Fachkräftemangel und fehlendes digitales Know-how auf Auftraggeberseite weiterhin als Bremsklötze: Fast die Hälfte (49 Prozent) der Befragten gibt an, dass die schleppende Digitalisierung auf zu wenige Fachkräfte und zu wenig eigenes Know-how auf Auftraggeberseite zurückzuführen sei – 2021 betrug dieser Wert nur 43 Prozent. Auch IT-Dienstleister merken: 6 von 10 Unternehmen sagen, dass es immer schwerer werde, Fachkräfte in Deutschland zu gewinnen, weswegen verstärkt Experten aus dem Ausland rekrutiert werden. IT-Dienstleister werden daher laut Umfrage am häufigsten aufgrund fehlender Expertise und Kapazitäten der Arbeitgeber (50 beziehungsweise 43 Prozent) beauftragt.

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Starke Diskrepanz zwischen Risikowahrnehmung und Realität 

Vergangene Hiscox IT-Umfragen haben bereits dokumentiert, dass bei IT-Dienstleistern eine große Diskrepanz zwischen Risikowahrnehmung und tatsächlich auftretenden Schadenfällen zu verzeichnen ist – auch in der aktuellen Umfrage klaffen Wahrnehmung und Realität auseinander. Am häufigsten geben die Befragten den Verlust eigener Daten, zum Beispiel durch Cyberangriffe (59,5 Prozent), dem Ausfall der IT-Infrastruktur (56,0 Prozent) und Schäden durch Programmierfehler (52 Prozent) an. Laut Hiscox Schadenstatistik steht jedoch an erster Stelle der am häufigsten gemeldeten Schadenfälle Projektverzug – dies wird allerdings nur an vierter Stelle der als kritisch bewerteten Risiken gesehen (50 Prozent). Ähnlich sieht es beim Thema Kundenklagen wegen (vermeintlicher) Fehler, zum Beispiel bei der Software-Entwicklung aus: Weniger als die Hälfte (45,5 Prozent) der IT-Dienstleister sieht das als kritische Gefährdung, bei Hiscox tritt dies jedoch am dritthäufigsten auf. 

IT-Dienstleister weisen Versicherungslücken bei Cyber- und Datenrisiken auf 

Mark Thamm, Underwriting Manager Technology, Media & Communications, Hiscox © Hiscox

Dies führt zu großen Versicherungslücken bei den befragten IT-Dienstleistern: So ist die IT-Berufshaftpflicht (auch bekannt als Vermögensschadenhaftpflicht) die einzige Versicherung, die von mehr als der Hälfte der Befragten abgeschlossen wurde. Auf Platz zwei und drei folgen die IT-Betriebshaftpflicht und die Versicherung gegen Cyber- und Datenrisiken. Fast jeder Zehnte (9,5 Prozent) hat keine der genannten Versicherungen abgeschlossen.

Ähnlich wie im letzten Jahr haben vor allem kleinere Unternehmen keine Risikoabsicherung angegeben.  Mark Thamm, Underwriting Manager Technology, Media & Communications bei Hiscox und verantwortlich für IT-Versicherungslösungen erklärt dazu:

IT-Risiken werden auch in Zukunft nicht abnehmen und evolvieren. Nur mit der richtigen, zukunftsgerichteten Absicherung dagegen können IT-Dienstleister die Digitalisierung in Deutschland entscheidend voranbringen. Bei ihrer täglichen Arbeit kann allein ein kleiner Fehler vor allem kleineren Unternehmen die Existenz kosten – daher ist es erstaunlich, dass sich überwiegend weniger als die Hälfte der IT-Dienstleister ausreichend absichern.

Im Auftrag von Hiscox hatte das Marktforschungsunternehmen techconsult der heise-Gruppe in einer repräsentativen Umfrage Entscheiderinnen und Entscheider in IT-Dienstleistungsunternehmen zu ihrer aktuellen Lage sowie der Wahrnehmung und Absicherung unternehmerischer Risiken befragt.

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