EU-Plattform für Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen

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Die Europäische Kommission plant eine zentrale Datenbank für öffentliche Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen über EU-Unternehmen und EU-Anlageprodukte. Der Legislativvorschlag für diese europäische digitale Plattform (ESAP, European Single Access Point) ist Teil des Aktionsplans für die Kapitalmarktunion (CMU) 2020, ein Eckpfeiler der EU-Digitalisierungsstrategie und soll die Ziele des Green Deals unterstützen.

Ein Beitrag der Assekurata Solutions GmbH

Mit der Plattform werden verschiedene, ambitionierte Ziele verfolgt. ESAP werde zu einer nachhaltigeren, digitaleren und inklusiveren Wirtschaft, zur Stärkung der digitalen Souveränität und zu einer besseren Integration der Kapitalmärkte beitragen, fasst der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) in seiner Stellungnahme zusammen.

ESAP soll, so die EU-Kommission im Rahmen der Gesetzgebung zur Kapitalmarktunion, „eine gemeinsame Quelle öffentlicher, kostenloser Informationen über EU-Unternehmen und Anlageprodukte sein, unabhängig davon, wo in der EU sie ansässig sind oder ihren Ursprung haben.“ Die EU-Kommission will mit der Plattform „Investitionsmöglichkeiten sowohl für EU- als auch für internationale Investoren sichtbarer machen und damit Finanzierungen für EU-Unternehmen erleichtern“. Insbesondere „kleine Unternehmen in kleinen Kapitalmärkten“ wären so „leichter auf dem Radarschirm von EU- aber auch internationalen Investoren“. Die Anleger könnten sich einfacher und effizienter informieren.

Das ambitionierte Ziel der EU-Kommission lautet, dass im Laufe der Zeit das ESAP zu einem einzigartigen Zugangspunkt für Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen und Produktdaten von Unternehmen werden soll, wodurch die Datenfragmentierung entlang nationaler Grenzen angegangen und eine bessere digitale Nutzung und Wiederverwendung von Informationen ermöglicht werde.

Die Umsetzung von ESAP

Dem Entwurf zufolge wird die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bis zum 31. Dezember 2024 das Webportal ESAP einrichten und danach betreiben sowie überwachen. Dazu soll die ESMA eng mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) zusammenarbeiten.

Die Plattform geht schrittweise in den Betrieb: Die Meldepflicht für die gemäß der Transparenz-Richtlinie
offenzulegenden Informationen sollen ab Jahresbeginn 2024 und für die nach der Bilanzrichtlinie offenzulegenden Daten ab 2025 gelten. EU-weit müssen mehr als 150.000 Unternehmen ihre Finanzdaten offenlegen. Ab 2024 sind zudem rund 50.000 Firmen gemäß der künftigen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gezwungen, einen nichtfinanziellen Bericht zu erstellen und zu veröffentlichen.

Über diese Pflichten hinaus können aber grundsätzlich alle Unternehmen freiwillig Daten auf dem ESAP zur Verfügung stellen. Für die Einrichtung des ESAP werden per Omnibus-Richtlinie insgesamt 37 Verordnungen und Richtlinien hinsichtlich meldepflichtiger Informationen geändert werden – beispielsweise in der Transparenz-Verordnung und der Erklärung zur Nachhaltigkeit nach Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung.

Und so soll es funktionieren: Zeitgleich zu ihren Pflichtveröffentlichungen und freiwillig veröffentlichten Information melden die Unternehmen diese Daten auch an Sammelstellen (sogenannte „Collection Bodies“). Dies werden voraussichtlich Einrichtungen wie europäische und nationale Regulierungsbehörden sein. Sie sammeln und speichern die Unternehmensinformationen und übermitteln sie über eine Anwendungsschnittstelle an den ESAP.

Darüber hinaus müssen sie die Richtigkeit des Datenformats, die Vollständigkeit der Metadaten und das Vorliegen eines qualifizierten elektronischen Siegels beziehungsweise einer digitalen Signatur überprüfen. Die Metadaten und das Siegel dienen dazu, dass die Daten den richtigen Unternehmen zugeordnet und später über Suchmaschinen gefunden werden können.

Zudem „leisten sie den Unternehmen, die die Informationen übermitteln, technische Unterstützung“. Die Sammelstellen sorgen dafür, dass die Informationen der Plattform mindestens zehn Jahre lang zur Verfügung stehen. Personenbezogene Daten, auf die aus Datenschutzgründen weitgehend verzichtet werden soll, dürfen nicht länger als fünf Jahre gespeichert werden.

In Artikel 7 des Verordnungsentwurfs sind die Funktionen des ESAP festgelegt. Die ESMA soll folgende Mindestfunktionen sicherstellen:

  1. ein Webportal mit einer benutzerfreundlichen Schnittstelle in allen Amtssprachen der Union
  2. eine Programmierschnittstelle („application programming interface“ beziehungsweise API) für einen einfachen Zugang zu den Informationen
  3. eine Suchfunktion in allen Amtssprachen der Union
  4. einen Datenbetrachter [eine Anzeigefunktion für die Informationen]
  5. einen maschinellen Übersetzungsdienst für die abgerufenen Informationen;
  6. einen Download-Dienst, auch für das Herunterladen großer Datenmengen;
  7. einen Benachrichtigungsdienst, der die Nutzer über alle neuen Informationen unterrichtet.

Der Zugang zum ESAP muss diskriminierungsfrei, unmittelbar und kostenlos sein. Die ESMA darf für bestimmte Dienste allenfalls kostendeckende Gebühren erheben. Sie soll sicherstellen, dass die Unternehmensdaten „zeitnah“ über das ESAP zur Verfügung gestellt werden und die Plattform mindestens 95 Prozent der Zeit pro Monat zugänglich ist. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) im Oktober 2021 in einer Verbandspublikation:

Die Einführung einer umfassenden Datenplattform ESAP wäre ein Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen europäischen Finanzindustrie und würde die Umsetzung von Kapitalmarktunion und Green Deal erheblich beschleunigen.

Die vom Verband geäußerten Forderungen zur konzeptionellen und technischen Ausgestaltung von ESAP finden sich im Wesentlichen im Legislativvorschlag wieder.

Der GDV hält die „barrierefreie Verfügbarkeit von möglichst vollständigen sowie aussagekräftigen finanziellen und nichtfinanziellen Daten“ für eine Grundvoraussetzung, dass die Finanzindustrie ihre Aufgabe bei der Finanzierung der Transition hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft übernehmen kann.

Richtig konzipiert und umgesetzt könne der ESAP ein Gamechanger für eine stärker integrierte und nachhaltigere sowie prosperierende europäische Wirtschaft sein, so der GDV. In einem politischen und wirtschaftlichen Kraftakt müsse eine technisch und konzeptionell ausgereifte Datenplattform aufgebaut werden, die die praxisrelevanten Anforderungen der professionellen Nutzer vollumfänglich erfülle.

Auch der Verband öffentlicher Versicherer begrüßt in einer Stellungnahme im März 2022 die Initiative der EU-Kommission, die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten zu stärken. Gefordert werden unter anderem die „lückenlose“ Verzahnung von Corporate Sustainabilty Reporting Directive (CSRD), Transparenz- und Taxonomie-Verordnung sowie die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten für alle Anlageklassen.

Dem Verband zufolge soll der Kommissionsvorschlag dahingehend erweitertet werden, dass die für SFDR und Taxonomie-Verordnung erforderlichen Daten von öffentlichen Institutionen verpflichtend von diesen in ESAP einzubringen sind. Die zusätzliche, freiwillige Aufnahme von außereuropäischen Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen und weiteren Anlageklassen in ESAP sollte ebenfalls möglich sein.

Die Versicherungsunternehmen werden aber nicht nur Nutzer von ESAP, sondern, soweit berichtspflichtig, auch Lieferanten ihrer Daten. Dazu wird mit Artikel 7 der ESAP-VO die Solvency ll-Richtlinie um den Artikel 304b erweitert. Sie müssen danach, neben den allgemeinen angesprochenen finanziellen und nichtfinanziellen Informationen, ihre Berichte über Solvabilität und Finanzlage (Einzel- und Gruppenbericht) über die jeweilige Versicherungsaufsicht in das ESAP einbringen. Auch müssen sie Metadaten und ein qualifiziertes elektronisches Siegel zur Verfügung stellen.

Für die Zwecke der Bereitstellung der Informationen fungiert die EIOPA ab dem 1. Januar 2026 als Sammelstelle. Um eine effiziente Sammlung und Verwaltung der Daten zu gewährleisten, soll die EIOPA technische Durchführungsstandards erarbeiten.

Bild (2): © European Union