Nur vorübergehende Nachfragewelle bei Covid-19-bedingten Unternehmenskrediten

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Eine Analyse des Schweizer Technologieunternehmens und des Research-Hauses aus Düsseldorf legt unter anderem den Schluss nahe, dass Corona nur einen zeitlich begrenzten Einfluss auf das Geschäft mit Unternehmenskrediten hat.

Die Corona-Krise sorgt nur für einen kurzfristigen Nachfrageschub am Ende des Kreditzyklus. Das ist eines der Ergebnisse der großen Studie „Unternehmenskredite & Covid-19“ des Züricher Technologieunternehmens Teylor und des Düsseldorfer Analysehauses Barkow Consulting. 

Kreditvolumen bei SMEs rückläufig

Die Studie macht zudem deutlich, dass das Marktwachstum vollständig getrieben ist durch die Covid-19-Hilfskredite der KfW, dass die Volksbanken als Hauptfinanzierer fungieren und dass sich Landes- und Auslandsbanken aus dem Geschäft zurückziehen.

Auch zeigt die Analyse, dass sich das Kreditwachstum im Juni nur noch marginal über der Nulllinie bewegte. Auch wenn es sich im Juli wieder beschleunigte, erscheint zukünftig sogar ein negatives Wachstum möglich.

Patrick Stäuble, CEO der Teylor AG, einem Anbieter für digitale Lösungen rund um SME-Kreditprozesse, erläutert:

Die jüngsten Daten unserer Studie legen nahe, dass sich das Kreditvolumen bei kleinen und mittleren Unternehmen (SME) sogar jetzt schon bei sinkenden Margen rückläufig darstellt.

Covid-19 sorgt für kurzfristigen Nachfrageschub bei Unternehmenskrediten

Die Studie von Teylor und Barkow Consulting wirft zur Einordnung der aktuellen Situation auch einen Blick zurück. So hatte der Zyklus für Unternehmenskredite seinen vorläufigen Höhepunkt mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,7 Prozent bereits im Juni 2019 erreicht, also Monate vor dem Beginn der Covid-19-Pandemie. Schon im Februar 2020, dem letzten Covid-19-freien Monat, ging das hochgerechnete Wachstum auf nur noch 4,0 Prozent pro Jahr zurück.

Mit dem Beginn der Pandemie im März 2020 änderte sich die Situation allerdings schlagartig. Sie löste eine abrupte und erhebliche Beschleunigung der Kreditnachfrage aus. So legte das jährliche Wachstum zunächst auf den Rekordwert von 6,2 Prozent im Mai 2020 zu. Die plötzlich einsetzende Zusatznachfrage im März wurde erst durch kurzfristige Kredite gedeckt und ab Mai sukzessive durch längerfristige Fazilitäten refinanziert.

Bereits im Juni 2020 hatte sich die Kreditnachfrage wieder weitgehend normalisiert. Als Konsequenz ging die jährliche Wachstumsrate wieder zurück. Sie lag ein Jahr später, im Juni 2021, mit 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr nur noch marginal über der Nulllinie. Im Juli legte es wieder auf 1,5 Prozent zu.

Marktwachstum kommt fast ausschließlich von der KfW

Seit Beginn der COVID19-Krise ist der Markt für Unternehmenskredite insgesamt um absolut €47Mrd. gewachsen. Die KfW hat im Rahmen ihres Krisenkreditprogrammes bis Juni 2021 €52Mrd. an Hilfskrediten zugesagt.

Teylor-CEO Patrick Stäuble analysiert:

Auch wenn die KfW Covid-19-Kredite noch nicht vollständig ausgezahlt wurden, wird deutlich, dass das Marktwachstum zum überwiegenden Teil aus staatlichen Hilfskrediten besteht. Für die auszahlenden Banken bedeutet dies zwar ein geringeres Ausfallrisiko, aber gleichzeitig auch deutlich geringere Erträge.

Volksbanken als Hauptfinanzierer, Auslands- und Landesbanken ziehen sich zurück

Volksbanken sind die großen Finanzierer der Covid-19-Krise mit einer zweistelligen Wachstumsrate gegenüber dem Vorjahr von plus 10,3 Prozent im Juni 2021. Landes- und Privatbanken hingegen bauen ihren Kreditbestand mit minus 4,1 Prozent und minus 5,8 Prozent aktuell bereits wieder ab.

Insbesondere Zweigstellen ausländischer Privatbanken ziehen sich augenscheinlich aus dem Markt zurück und haben ihren Kreditbestand mit einer Minusrate von 26,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert.

Patrick Stäuble erklärt:

Auslandsbanken agieren meist prozyklisch, das heißt, sie sind vorwiegend dann im deutschen Markt aktiv, wenn die Nachfrage entsprechend hoch ist.

Im Vergleich zu heimischen Hausbanken würden sie weniger von etablierten Kundenbeziehungen profitieren. Sie müssten stattdessen mit besseren Kreditkonditionen oder einfachen und digitalen Prozessen punkten. Unter ihren Kunden fänden sich zum Beispiel auch mehrere ausländische Banken, die mit ihren Softwaremodulen deren Kreditangebote für den deutschen Markt digitalisiert hätten, so Stäuble weiter.

Zweite Nachfragewelle nicht absehbar, kurzfristig negatives Wachstum möglich

In der jüngeren Vergangenheit konnte sowohl in der Finanz- als auch der Euro-Krise beobachtet werden, wie auf einen Wachstumssprung zu deren Beginn beziehungsweise unmittelbar davor ein signifikanter Rückgang der Kreditnachfrage folgte. So ging das Kreditwachstum während der Finanz-Krise von Rekordwerten im Juni 2008 von plus 8,6 Prozent auf bis zu minus 3,7 Prozent im April 2009 zurück.

In der Euro-Krise ging das Kreditwachstum von plus 1,2 Prozent im September 2012 in den nachfolgenden 14 Monaten auf minus 2,4 Prozent zurück. Generell scheint die Kreditentwicklung dem Wirtschaftszyklus mit einer Verzögerung von 4 bis 6 Quartalen zu folgen.

Patrick Stäuble beschreibt die aktuelle Lage:

Die Prognose des Wendepunktes im Kreditzyklus erweist sich derzeit als besonders schwierig. Sowohl der plötzliche und starke wirtschaftliche Einbruch als auch die anschließende kräftige Erholung durch Covid-19 stellen alles in den Schatten, was wir in den letzten Jahrzehnten beobachten konnten.

Im Kreditmarkt kämen noch die diversen Hilfsprogramme hinzu, mit denen die KfW Neuland betreten habe. Die Erfahrungen aus der zurückliegenden Finanz- und Euro-Krise würden zeigen, dass der Markt für Unternehmenskredite nach Krisen durchaus sogar schrumpfen könne.

Obwohl das Wachstum im Juli erfreulicherweise wieder angezogen habe, sei diese Gefahr für die nächsten Monate keinesfalls gebannt. Eine nachhaltige Erholung des Kreditwachstums scheine ihnen daher erst gegen Ende des Jahres wahrscheinlich, sobald die durch Fördermittel und Covid-19 verursachte Verzerrung bereinigt sei, so der Teylor-CEO weiter.

Die aktuell steigenden Infektionszahlen bedeuteten allerdings eine zusätzliche Unsicherheit.

SME-Kredite aktuell schon rückläufig

Das Wachstum von SME-Krediten verhielt sich zu Beginn der Covid-19-Krise ähnlich wie das von Unternehmenskrediten generell. So verdoppelte sich das Wachstum nahezu bis auf 5,9 Prozent im August 2020 gegenüber Vorjahr. Ebenso beachtlich nahm dieses allerdings darauffolgend auch wieder ab.

Zuletzt lag die jährliche Veränderungsrate der SME-Kredite mit 1,5 Prozent schon wieder klar im Minus. Bei näherer Untersuchung lässt sich feststellen, dass SME-Kredite auch über längere Zeiträume hinter dem Wachstum großer Unternehmenskredite zurückbleiben.

Zuletzt rückläufige Margen für SME-Kredite verstärken strukturelles Ertragsproblem

Die Kreditmarge für SME-Kredite ist während der Covid-19-Krise zunächst auf 2,1 Prozent angestiegen, seit Februar 2021 allerdings wieder auf 2,0 Prozent gesunken. SME-Kredite leiden schon seit langem an einem strukturellen Ertragsproblem. Die Eigenkapitalrendite von SME-Krediten liegt insofern im langfristigen Durchschnitt 3,7 Prozent unter Eigenkapitalkosten von schätzungsweise 8 Prozent. Durch den Margenrückgang der letzten Monate hat sich diese Lücke sogar auf 4,2 Prozent ausgeweitet.

Teylor-CEO Patrick Stäuble stellt fest:

Rückläufige Margen, hohe Stückkosten und niedrige oder sogar negative Wachstumsraten machen es für Banken dringend notwendig, im SME-Geschäft die Kosten besser in den Griff zu bekommen. Durch die Krise könnten auch die Risikokosten womöglich steigen, was den Kostendruck sogar noch weiter erhöhen würde.

Er sieht eine Lösung für die Finanzinstitute in einem verstärkten Einsatz digitaler Kreditprozesse: Der Digitalisierungsdruck der Banken habe während der Krise weiter zugenommen und sie hätten in den letzten zwölf Monaten deutlich mehr Anfragen nach ihren digitalen Prozesslösungen erhalten.

Der große Vorteil solcher Kreditprozesse und -produkte sei immer signifikanter und damit wettbewerbsentscheidend – das würden die jüngsten Zahlen zur Kostenentwicklung im Kreditgeschäft unterstreichen, so Patrick Stäuble abschließend.