Leere Regale und hohe Preise: Einzelhandel erholt sich nur langsam

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Kein Shampoo, Toilettenpapier oder Deodorant: Supermärkte und Drogerien haben wieder leere Regale, die an den Beginn der Coronapandemie erinnern. Damals war es aufgrund globaler Lockdowns und Lieferengpässen weltweit zu Hamsterkäufen gekommen, die die Krise nur noch verstärkten. Zwischendurch sah es allerdings danach aus, als würde sich die deutsche Wirtschaft schneller als gedacht von der Pandemie erholen. Warum stagniert sie nun wieder?

In vielen Zeitungen waren in den letzten Tagen Schlagzeiten wie „Supermärkte bleiben leer“ oder „Lieferengpässe erhöhen Preise” zu lesen. Hat die Coronapandemie etwa noch immer Deutschland im Griff?

Ja, das hat sie. Aber sie allein ist nicht daran schuld, dass vielerorts weiterhin leere Regale auftreten. Die Gründe sind wie so oft vielseitig und gehen weit über Deutschland hinaus.

Covid-19 und seine Folgen

Um den offensichtlichsten Grund vorweg zunehmen: Die weltweite Pandemie ist noch immer der Haupttreiber für Lieferengpässe. Wer in den letzten Tagen etwas aus Übersee bestellt hat, kann glücklich sein, wenn er das Produkt innerhalb von zwei Wochen erhalten hat.

In einigen Fällen muss momentan bis zu zwei Monate auf Produkte aus China oder den USA gewartet werden. Und wer in die Häfen von Shanghai oder Los Angeles schaut, sieht auch schnell wieso: Dutzende, oftmals mehr als hundert riesige Frachter stauen sich dort und müssen oft Wochen abwarten, bevor sie überhaupt entladen werden.

Und da moderne Frachter um die 20.000 Euro, also 20-Fuß-Standard-Container laden können, dauert auch das Beladen seine Zeit. Regelmäßige Ausfälle aufgrund des Virus sorgen zudem dafür, dass viele Häfen nur mit einem Bruchteil der eigentlichen Arbeitsleistung arbeiten können.

Das weltweite Transportvolumen ist zum Teil also bereits auf Prä-Pandemie-Zeiten zurückgekehrt, doch solange ein einziges Glied in der gigantischen Logistikkette ausfällt, verlangsamt sich der gesamte Lieferprozess drastisch und es kommt in der Folge zu Engpässen.

Zudem sind die meisten Metallregale & Regalsysteme in großen Lagerhallen noch immer leer. Dadurch fehlt der Puffer, um diese Engpässe zu überbrücken.

Onlinehandel boomt

Mittlerweile bestellen weitaus mehr Menschen über das Internet als noch vor der Pandemie. Diese hat durch Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen maßgeblich dazu beigetragen, dass das Onlinehandelsvolumen weitaus stärker als noch 2019 prognostiziert angestiegen ist.

Doch statt mit mehr Transportvolumen auf diesen Anstieg zu reagieren, mussten viele Logistikunternehmen ihre Arbeit im letzten Jahr für einige Wochen oder sogar Monate komplett einstellen, obwohl weltweit mehr Produkte als je zuvor über das Internet bestellt wurden.

Die dadurch entstandene Warteschlange an Kunden konnte bisher nicht abgearbeitet werden, da viele Transportdienstleister erst jetzt wieder mit maximaler Kapazität arbeiten und noch nicht auf den Handelsboom reagiert haben.

Im Vergleich zu 2019 liegen das weltweite Transportvolumen also bei etwa 90 Prozent, obwohl es durch die rasante Entwicklung des E-Commerce bei 110 Prozent liegen müsste. Bis dieser Engpass gelöst ist, wird es noch einige Monate oder sogar Jahre dauern.

Containermangel als i-Tüpfelchen

Und wären diese Probleme allein nicht genug, gibt es für die globale Logistikbranche noch ein weiteres Problem: den Containermangel. Denn in vielen Häfen sind schlichtweg nicht genug Container vorhanden, um Güter auf Frachtschiffe zu verladen. Die meisten Container befinden sich auf Frachtern vor den Häfen, welche geduldig darauf warten, endlich entladen zu werden.

So kann es zu bizarren Situationen kommen, in denen leere Schiffe darauf warten, beladen zu werden, aber die Container von wartenden Schiffen im Hafen benötigen. Diese wiederum können nicht entladen werden, weil sie die Plätze benötigen in denen momentan leere Schiffe warten.

Hochwasserkatastrophe beeinflusst ganz Deutschland

Wenn dann endlich Produkte aus anderen Ländern in Deutschland importiert werden, müssen sie natürlich auch hierzulande verteilt werden. Frachtschiffe kommen hauptsächlich über die Nordsee an Häfen in Norddeutschland, etwa in Hamburg, an.

Viele Container kommen auch von den großen Häfen der Niederlande über Frachtzüge in die Bundesrepublik. Ein Großteil des Güterverkehrs findet also in Westdeutschland statt. Wenn es nun in Bonn oder Köln zu einer Hochwasserwasserkatastrophe kommt, wie es vor einigen Wochen der Fall war, hat dies auch auf den Gütertransport zahlreiche Folgen.

So kann es zum Beispiel sein, dass Supermarktregale in Berlin und Sachsen leer bleiben, da Produkte aufgrund der beschädigten Eisenbahnnetze der westdeutschen Nachbarländer nicht rechtzeitig geliefert werden können.

Innerhalb weniger Tage kann das Güternetz dann entsprechend umgestellt werden, um Güter trotz Hochwasser an jeden Ort Deutschlands zu liefern. Dennoch kann die Verzögerung dazu führen, dass manche Regale für einen Moment leer, oder bestimmte Produkte eine Zeit lang nicht verfügbar sind.

Wenn Kunden aufgrund der vermeintlichen Engpässe dann 20 Rollen Klopapier auf Vorrat kaufen, kann dies unter Umständen dadurch führen, dass ein tatsächlicher Engpass entsteht, obwohl eigentlich keiner vorhanden sein sollte.

Kunden sollten momentan also vor allem geduldig sein. Denn es kann sein, dass die neue Spielkonsole aus den USA etwas länger nach Deutschland benötigt. Aber die Versorgung von lebenswichtigen Produkten ist weiterhin in keiner Weise gefährdet.