Wann gelten Unternehmen als „grün“?

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Die Nachfrage nach Möglichkeiten zur nachhaltigen Geldanlage steigt seit Jahren kontinuierlich an. Themen wie soziale Gerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz rücken mehr und mehr ins Bewusstsein der Menschen. Wer Müll trennt und Zug fährt, statt in den Flieger zu steigen, möchte natürlich auch die eigenen Finanzen verantwortungsvoll verwalten. Das sind auch einige der Gründe, warum grüne, beziehungsweise ESG-Investments, in den letzten Jahren boomen.

Im Jahr 2020 wurden laut des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) bereits über 335 Milliarden Euro umweltschonend angelegt. Das sind sogar 25 Prozent mehr als 2019. Einen großen Teil machen hier Investmentfonds aus.

Doch gerade da wird es für Anlegende schwer. Wie können sie sicherstellen, dass ihr Geld wirklich nur in grüne Unternehmen fließt und nicht am Ende doch den Kohleabbau unterstützt? Welche Kriterien für nachhaltige Investments gibt es und wie verlässlich sind diese?

Man sieht das „Green“ vor lauter „Washing“ nicht? Kriterien für nachhaltige Investments

Der Begriff Nachhaltigkeit ist auch in der Wirtschaft mittlerweile allgegenwärtig. Gerade erst hat der Bundestag das Lieferkettengesetz verabschiedet, nach dem Firmen Verantwortung in ihrer Lieferkette in Bezug auf Menschenrechte und Umweltstandards übernehmen sollen. Das ist ein wichtiger Schritt.

Aber: Bisher wird auf dieser Ebene viel zu wenig reguliert. So schreiben sich vermehrt auch solche Unternehmen das Trend-Thema Umweltschutz – oder zumindest umweltschonend – auf die Fahne, die alles andere als grün sind.

Doch welche Kriterien lassen sich nun ansetzen, um wirklich nachhaltig agierende Unternehmen zu identifizieren? Lars Reiner, CEO von Ginmon, gibt einen Einblick:

Es gibt eine Reihe von ESG-Rankings (ESG kurz für Environmental, Social, Governance), die zu Rate gezogen werden können. Das bekannteste ist wohl das von MSCI, im ETF-Bereich ist darüber hinaus auch Sustainalytics erwähnenswert.

Im Falle von MSCI werden die Firmen anhand der Grundpfeiler Umwelt, Soziales und Unternehmensführung verglichen und bewertet. Allerdings sei dies keinesfalls objektiv, warnt Reiner.

Grund dafür ist, dass es immer auch eine subjektive und individuelle Abwägung ist, welcher der drei ESG-Bereiche priorisiert und was als eher irrelevant eingestuft wird. Das verunsichere viele Anlegende.

Hilfreich kanns sein, sich auf die Unternehmen aus jeder Branche zu konzentrieren, die am besten abschneiden. Das können die oberen 30 Prozent sein, oder eben bei sehr strengen Maßstäben auch nur die besten 25 Prozent (Best-in-Class-Ansatz). So wird das Risiko in ein „schwarzes Schaf“ zu investieren stark minimiert.

Prioritäten setzen: Ansätze für grüne Geldanlagen

Wichtig bei all dem ist, sich darüber im Klaren zu sein, wo die eigenen Prioritäten liegen. Das weiß auch Lars Reiner:

Viele Vermögensverwalter meinen mit nachhaltig, dass sie bestimmte Branchen – wie Waffen oder Tabak – aus ihren Portfolios ausschließen. Diese ‚Exclusion Policy‘ ist ein wichtiger erster Schritt, jedoch weit von einem wirklich grünen Investment entfernt. Wer mehr will, sollte sich also nicht von hohlen Phrasen blenden lassen, sondern sich die zugrundeliegenden Strategien einmal genauer anschauen.

Hier sind also auch etwas Recherche und Eigeninitiative gefragt – wem das Thema Nachhaltigkeit allerdings am Herzen liegt, wird sich davon nicht abschrecken lassen. Sicher ist aber: Konzentrieren Anlegende sich bei der Auswahl der Strategie auf die rechte Seite der untenstehenden Skala, befinden sie sich auf der zunehmend sicheren Seite.

Denn wenn beispielsweise Vermögensverwalter einen „Best-in-Class“-Ansatz anbieten, setzen diese zwangsläufig einen strengeren – und nachhaltigeren – Filter an. Die Königsklasse unter den grünen Geldanlagen ist schließlich das Impact Investment, wo durch gezielte Investitionen ein positiver sozialer und/oder ökologischer Beitrag geleistet wird.

Die Königsklasse: Beispiele für echtes Impact Investing

Wer sich für eine Impact-Investing-Strategie entschieden hat, ist zwar in der Regel besonders nachhaltig unterwegs, sollte aber dennoch einige Fragen stellen: Wie wird das, beispielsweise bei den jeweiligen Vermögensverwaltern, definiert? Gibt es Beispiele für soziale Projekte, die unterstützt werden?

So muss nicht jede Investition einzeln geprüft, sondern lediglich der richtige Anbieter identifiziert werden. Das spart im Zweifel eine Menge Arbeit. Transparenz spielt hier natürliche eine wichtige Rolle. Lars Reiner fügt hinzu:

Wir wollten nicht nur eine weitere Möglichkeit bieten einigermaßen grün zu investieren, sondern wirklich Einfluss nehmen und uns mithilfe strengster Kriterien an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientieren. Mit der Strategie apeirongreen investieren Anlegende bei uns so unter anderem in die African Development Bank, die bei der Finanzierung von Investitionsprojekten auf dem afrikanischen Kontinent eine zentrale Rolle spielt.

Ein weiteres Beispiel für eine vertrauensvolle Impact-Investing-Strategie sind sogenannte Green Bonds. Das sind Anleihen, die für die Realisierung von Nachhaltigkeitsprojekten ausgegeben werden – die aufgenommenen Mittel sind dabei zweckgebunden und kommen eben ausschließlich den unterstützten Projekten zugute.

Wo gesetzliche Regelungen ausbleiben, müssen verlässliche Partner*innen her

Aber warum gibt es eigentliche keine einheitlichen internationalen oder zumindest nationalen Vorgaben bei ESG-Investitionen? Bei Ginmon ist man sich sicher, dass dies viel zu lange versäumt wurde. Mittlerweile gäbe es aber zumindest Bemühungen das zu ändern.

Europarechtlich sei einiges in Bewegung, wie Reiner zu verstehen gibt. Seit März 2021 gilt in der EU die sogenannte Offenlegungsverordnung, nach welcher Finanzdienstleister transparent angeben müssen, ob ihre Anlageprodukte in die Kategorie „nicht nachhaltig“, „nachhaltig“ oder „impact“ fallen.

So bekommen Verbraucher*innen zumindest schon mal einen groben Überblick darüber, welche Auswirkungen ihr Investment hat. Ab 2022 sind die Dienstleister zudem dazu verpflichtet ihren Kund*innen eine ESG-konforme Investitionsmöglichkeit proaktiv anzubieten.

Auch die Unternehmen selbst rücken das Thema Nachhaltigkeit jedoch mehr und mehr in den Fokus. Das liegt zum einen natürlich am steigenden regulatorischen Druck und der großen Nachfrage. Zum anderen geht es aber auch nicht ganz uneigennützig um die Senkung späterer Kosten.

erklärt der CEO. Denn wer heute schon ESG-Standards einhalte, muss nicht später mit hohen Ausgaben wegen etwaiger Restrukturierungsmaßnahmen oder Rechtsstreitigkeiten rechnen. Beispielsweise wenn neue Gesetze zum Schutz des Klimas verabschiedet werden.