6,2 Milliarden Euro Minus für die GKV

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Die Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung war im Corona-Jahr 2020 von deutlichen Ausgabensteigerungen in zentralen Leistungsbereichen geprägt. Von den niedergelassenen Ärzten über Kliniken bis hin zu Hebammen und Heilmittelerbringern waren die Kosten deutlich angestiegen.

Teilweise war aber auch ein Ausgabenrückgang zu verzeichnen. Zum Beispiel bei der Früherkennung, eine Entwicklung, die unter Versorgungsgesichtspunkten beunruhigend ist.

Alarmsignal Kostenentwicklung

Nicht unter den Tisch zu kehren ist, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen schneller gestiegen sind als die Einnahmen. Der Jahresabschluss 2020 verbucht somit ein sattes Minus von 6,2 Milliarden Euro. Die Folge: 2021 wurden die Versicherten erneut mit Zusatzbeiträgen zum allgemeinen Beitrag belastet. Im Durchschnitt ist es eine Mehrbelastung von 1,3 Prozent.

Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes äußerte sich optimistisch, dass die Zusatzbeitragssätze nicht weiter angehoben werden müssen. Möglich würde das vor allem durch das weitere Abschmelzen der Reserven der Krankenkassen.

In diesem Jahr müssen die Krankenkassen 8 Milliarden Euro aus ihren Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführen, damit dieser seine laufenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Der Bund will ergänzend einen einmaligen zusätzlichen Bundeszuschuss in Höhe von 5 Milliarden Euro leisten. Doch diese Zahlen beziehen die Unbekannte, den Pandemie-Verlauf 2021, nicht mit ein.

Die finanziellen Herausforderungen für das Gesundheitswesen in Deutschland sind enorm. Der Extra-Bundeszuschuss war eine einmalige Aktion und die Rücklagen der Krankenkassen und auch die des Gesundheitsfonds werden aller Voraussicht nach in diesem Jahr zum Großteil aufgebraucht sein. Somit entsteht für das kommende Jahr eine Finanzierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich.

Für künftige stabile GKV-Finanzen sind jetzt die Weichen – mit einer adäquaten Finanzierung – zu stellen. Patient*innen erwarten mit Sicherheit keine Leistungskürzungen. Für viele fällt der Leistungsvergleich mit einer privaten Krankenversicherung eher schlecht aus.

Höhere Beiträge könnten zudem den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung einbremsen. Doch ob mit einem dauerhaft erhöhten Bundeszuschuss gerechnet werden kann, steht in den Sternen. Und offen gesagt können Zuschüsse kein Signal einer dauerhaften Wirtschaftlichkeit sein.

Krankenhauseinnahmen plus 14 Prozent

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die Kliniken und Krankenhäuser stiegen in 2020 auf 81,5 Milliarden Euro. Weitere rund 700 Millionen Euro haben das belastet.

Ausgegeben wurden sie für zusätzliche Intensivbetten sowie vom Bund 9,4 Milliarden Euro an sogenannten Freihaltepauschalen, das sind Ausgleichszahlungen für Klinikbetten, die als Reserve für Corona-Patienten gezielt nicht belegt wurden oder aufgrund abgesagter oder verschobener Eingriffe frei geblieben sind.

Der Bundesrechnungshof kritisiert hier insbesondere die Ausgaben für Intensivbetten, die bezahlt, aber nicht auffindbar sind. In Summe erhielten die Kliniken im vergangenen Jahr 91,64 Milliarden Euro. Das sind rund 14 Prozent mehr als im Vorjahr mit 80,3 Milliarden Euro.

Demgegenüber steht jedoch eine sinkende Anzahl der Behandlungsfälle von 19,2 Millionen im Jahr 2019 um rund 13 Prozent auf 16,8 Millionen im vergangenen Jahr. Und im Jahresdurchschnitt waren rund 4 Prozent der Intensivkapazitäten in den deutschen Kliniken mit Corona-Patienten belegt.

Niedergelassene Ärzte plus 7 Prozent

Niedergelassene Ärzte wurden von der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Finanzierung zusätzlicher pandemiebedingter Aufwände und die Fortzahlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung in der Corona-Pandemie umfassend gestützt.

Aber auch hier zeigt sich: Erhöhten Ausgaben steht eine gesunkene Anzahl an Patient*innen gegenüber. Im Ergebnis stiegen die Ausgaben für ärztliche Behandlungen um 7,3 Prozent auf 44,0 Milliarden Euro für rund 7 Prozent weniger kurativ-ambulante Fälle.

Früherkennung minus 2,8 Prozent

Von der Darmkrebsfrüherkennung über Kinderuntersuchungen bis hin zum Hautkrebsscreening finanzieren die gesetzlichen Krankenkassen ein umfangreiches Paket an Früherkennungsmaßnahmen. Die Ausgaben sind um 2,8 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Hintergrund zum Defizit

Das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2020 setzt sich aus einem Minus beim Gesundheitsfonds in Höhe von 3,582 Milliarden Euro sowie dem Krankenkassen-Defizit in Höhe von 2,654 Milliarden Euro zusammen. Insgesamt kommt die gesetzliche Krankenversicherung somit im Jahr 2020 auf ein Defizit in Höhe von 6,236 Milliarden Euro.