Langfristig werden höhere Inflationsraten wahrscheinlicher

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Nach Ablauf des Corona-Jahres mit seinen massiven staatlichen Hilfsprogrammen in den USA und Europa rückt die Inflation wieder ins Blickfeld der Diskussion. Nach Überwindung der Corona-Pandemie wird es zunächst einen deutlichen Inflationsanstieg geben.

Hierbei handelt es sich um einen Nachholeffekt, der nicht anhaltend sein wird. Langfristig – mit Blick auf die kommenden zehn Jahre – ist auch die Wahrscheinlichkeit für etwas höhere Inflationsraten als in der jüngeren Vergangenheit gestiegen. Denn hoch verschuldete Staaten benötigen negative Realzinsen, um die Schuldentragfähigkeit sicherzustellen.

Negative Realzinsen bedeuten, dass die Inflationsraten höher sind als die Zinsen. In Bezug auf Immobilienmärkte stellt sich folgender Zusammenhang dar: Sind die Realzinsen negativ, werden Immobilien als Anlageklasse noch attraktiver.

Dies sind die Kernergebnisse der Online-Pressekonferenz „Rückkehr der Inflation? Was heißt das für die Immobilienmärkte?“, an der Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ und außerplanmäßiger Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS, Universität Regensburg, Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG und Torsten Hollstein, Managing Director der CR Investment Management, teilnahmen.

Kurzfristige Inflation wird nach der Pandemie rasch auslaufen

Prof. Dr. Heinemann fasst zusammen: „Mit dem Übergang zur Corona-Herdenimmunität wird es einen kurzzeitigen Inflationsschub geben, in dem wir Inflationsraten von drei oder vier Prozent sehen können. Dieser Kurzfristeffekt wird aber nach der Pandemie rasch auslaufen. Dennoch ist im vor uns liegenden Jahrzehnt für die Eurozone mit längeren Phasen der Inflation deutlich über dem Zwei-Prozent-Inflationsziel der EZB zu rechnen.“

Der Leiter des ZEW-Forschungsbereiches erläutert dies: „Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Erstens laufen viele der lange Zeit inflationsdämpfend wirkenden Effekte wie die große Verfügbarkeit von Niedriglohn-Arbeitern in Asien aus. Zweitens sind die sehr hohen Post-Corona-Schuldenstände in Ländern wie Italien nicht ohne anhaltende Finanzierungshilfe der EZB tragbar.“

„Die EZB gerät immer mehr in die Falle der „fiskalischen Dominanz“ und ist nicht mehr wirklich in der Lage, einen höheren Inflationsdruck entschlossen zu bekämpfen. Die langfristigen Zinsen werden dabei der höheren Inflation nur teilweise folgen, denn die Entschuldung der Hochschuldenstaaten wird nur mit fallenden Realzinsen gelingen“, stellt Heinemann fest.

Prof. Dr. Steffen Sebastian ergänzt: „Langfristig gibt es einen Zusammenhang zwischen Zinsen und Inflation. Die entscheidende Frage ist, wie man langfristig definiert. Die EZB ist zwar ein starker Marktteilnehmer. Sie stellt jedoch nicht den gesamten Markt dar. Auch wenn die Notenbank der Eurozone auf Inflationsausgleich verzichtet, wenn sie Staatsanleihen kauft, können private Geldgeber dies nicht. Sie brauchen einen Inflationsausgleich.“

Immobilien als Anlageklasse noch attraktiver

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, sagt: „Bei negativen Realzinsen werden Immobilien als Anlageklasse noch attraktiver. Ich sehe keine Anzeichen, dass die Anlage in Immobilien an Attraktivität verliert. Auch wenn die langfristigen Zinsen etwas steigen, heißt das nicht, dass die Attraktivität der Anlageklasse verloren geht. Das gilt unabhängig von der Nutzungsart.“

Torsten Hollstein, Geschäftsführer der CR Investment Management, kommentiert: „Ich sehe für die nächsten Jahre keine grundsätzliche Änderung der positiven Faktoren für die Assetklasse Immobilien. In einzelnen Segmenten werden aber die Mieten unter Druck geraten. Bei Handelsimmobilien sehen wir das bereits, bei Büros liegt es immerhin im Bereich des Möglichen.

Kurz: Es mag innerhalb der Assetklasse Immobilien zu Umschichtungen führen.“ Daraus schlussfolgert Hollstein:

„Der Makrotrend ist aber weiterhin positiv.“

Und Prof. Dr. Steffen Sebastian ergänzt: „Das letzte Segment, das von Preisschwankungen betroffen sein wird, sind meiner Meinung nach die Wohnimmobilien.“

Zum Thema Non Performing Loans (NPL) konstatiert Hollstein: „Ich sehe einen Anstieg von NPLs in bestimmten Segmenten. Betroffen sind aber vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen. Dies ist vor allem Corona-bedingt und steht nicht in Zusammenhang mit den Zinsen oder Inflationserwartungen.“