Wie Corona die Versicherungswirtschaft beeinflusst

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Auch wenn COVID-19 nicht in der Versicherungswirtschaft die größte Katastrophe für die Branche verursacht hat, werden dennoch mehrheitlich negative Auswirkungen erwartet. Und auch der Wettbewerb wird härter.

Dies zeigen die Ergebnisse von zwei Online-Studien, durchgeführt von der globalen Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners im April und Juni 2020. Hierfür wurden leitende Angestellte in der Versicherungsindustrie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden befragt.

Die Stimmung im Markt hat sich seit April insgesamt leicht verbessert. Trotzdem rechnen gleichzeitig fast alle Versicherer mit spürbaren negativen Folgen für die gesamte Branche. Mehr als jeder zweite Befragte erwartet negative Folgen mittleren Ausmaßes, im April waren es nur knapp 40 Prozent.

Rückgänge im Neugeschäft erwartet

69 Prozent der Versicherer nehmen inzwischen Rückgänge im Neugeschäft wahr. Im April waren es nur 50 Prozent. Die Einbrüche der Neugeschäftsprämien bewegen sich mehrheitlich in der Bandbreite von -fünf bis -20 Prozent. In der Online-Studie im April wurden die Auswirkungen noch geringer eingeschätzt. So können nur 13 Prozent der Versicherer von der Krise profitieren. Allerdings waren es im April mit elf Prozent noch weniger.

Insgesamt erwarten 86 Prozent der Versicherungshäuser statt einer Stabilisierung des Neugeschäfts in den nächsten Monaten Rückgänge in diesem Bereich. Von einer Stabilisierung gehen derzeit nur 15 Prozent der Versicherer aus.

Während aktuell noch 18 Prozent der Versicherer keine Auswirkungen auf ihr Neugeschäft feststellen, gehen lediglich fünf Prozent davon aus, dass dies unverändert bleibt. So liegen 70 Prozent der Versicherer im Neugeschäft hinter ihren Planzahlen. Nur knapp zehn Prozent der Versicherer sehen in den nächsten Monaten Chancen, das Neugeschäft zu steigern.

Erhebliche Schwierigkeiten im Neukunden- und Bestandsgeschäft

Vor allem der Vertrieb bewertet die aktuelle Situation in Hinblick auf die Neukundenansprache als äußerst dramatisch. Denn nahezu ausnahmslos geben Vertriebsrepräsentanten an, dass sich diese als schwierig gestaltet. Weiterhin zeigt sich bei der Mehrheit der Versicherer ein großes Problem bei der Pflege der Bestandskunden.

Dr. Dirk Schmidt-Gallas, Versicherungsexperte und Senior Partner bei Simon-Kucher, dazu:

„Eine pragmatische Vertriebsunterstützung ist jetzt wichtig, denn der Vertrieb sieht aktuell wesentliche Herausforderungen darin, die richtigen Kunden mit den richtigen Produkten zu adressieren und den Produktnutzen, der Situation angepasst, darzustellen. Helfen können hunting lists mit Produktempfehlungen und angepasste Verkaufsleitlinien.“

Produkt- und preisbezogene Maßnahmen werden zögerlich genutzt

Zur Bewältigung des Coronavirus werden über alle Versicherungssparten hinweg Produkt- und preisbezogene Maßnahmen immer noch wenig genutzt. Bei den Produktmaßnahmen überwiegen weiterhin die Anpassungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und die Entwicklung von Zusatzleistungen.

In der Industrieversicherung arbeiten derzeit 30 Prozent an neuen Produkten. Auffällig ist der hohe Anteil noch unentschlossener Versicherer, die Maßnahmen planen, aber diese inhaltlich noch ausdefinieren müssen.

Frank Gehrig, Partner bei Simon-Kucher, sagt:

„Es gilt jetzt zu verstehen, welche neuen Kundenbedürfnisse sich entwickeln und was sich verändert hat.“

Stefanie zur Horst, Senior Director bei Simon-Kucher, fügt hinzu:

„Die Produkt-Kommunikation sollte auf die neuen Bedürfnisse ausgerichtet werden und es braucht eine Übersetzung in neue Verkaufsstories und Kampagnen. Jetzt ist der Zeitpunkt, die Digitalisierung aller Vertriebswege anzugehen.“