Führt Corona zur Wende für Online-Kunstkäufe?

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Im vergangenen Jahr sind die Online-Verkäufe von Kunst- und Sammelobjekten um 4 Prozent gestiegen. Trotz positiver Ergebnisses bedeutet dies aber im vierten Jahr in Folge ein rückgängiges Wachstum. Im Jahr 2018 lag die Wachstumsrate noch 9,8 Prozent.

Die Ergebnisse aus dem 1. Teil des diesjährigen Hiscox Online Art Trade Reports beschäftigen sich mit diesem Tren.

Positive Auswirkungen der Corona-Pandemie

Die Autoren des Berichts rechnen jedoch damit, dass das Jahr 2020 aufgrund der Corona-Pandemie zum Wendepunkt für Online-Kunstverkäufe werden könnte. Zusätzliche Befragungen, die im Rahmen des Reports während der Corona-Zeit durchgeführt wurden, zeigen einen sehr großen Optimismus in Bezug auf die Zukunft des digitalen Kunsthandels.

Robert Read, Head of Fine Art, Hiscox

80 Prozent der Online-Kunstplattformen erwarten einen Anstieg der Verkäufe in den kommenden 12 Monaten. 65 Prozent gehen davon aus, dass diese Auswirkungen der Pandemie auf den Online-Markt sowohl dauerhaft als auch transformativ sein werden.

Robert Read, Head of Art and Private Clients bei Hiscox, zu den Ergebnissen: „Im vergangenen Jahr war der Online-Markt vor dem Hintergrund eines sich abschwächenden globalen Kunstmarkts von einem gedämpften Wachstum gekennzeichnet. Während die traditionelle Kunstwelt zweifellos von den Ereignissen der letzten Monate betroffen sein wird, deuten erste Anzeichen darauf hin, dass die Corona-Krise der Katalysator sein könnte, der nun die Kaufaktivität im Internet ankurbelt. Die digitalen Verkäufe machen immer noch weniger als 10% des gesamten Kunstmarktes aus, daher warten wir gespannt ab, wie sich dies in den kommenden Monaten und Jahren ändern könnte.“

Bei Betrachtung der Auktionshäuser wird geschätzt, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2020 die reinen Online-Versteigerungen von Christie‘s, Sotheby‘s und Phillips 370 Millionen US-Dollar eingebracht haben.

Das wären 436 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2019. Die reinen Online-Verkäufe machten 28,3 Prozent der gesamten Auktionsverkäufe dieser drei Auktionshäuser in der ersten Hälfte des Jahres 2020 aus. 2019 waren es lediglich 1,2 Prozent.

In den Zahlen fand die Online-Rekordauktion von vor einer Woche noch keine Berücksichtigung, bei der ein Werk von Francis Bacon für 84,6 Millionen US-Dollar ersteigert wurde. Das war das teuerste Gemälde, das bisher in einer solchen Internet-Live-Auktion einen neuen Besitzer gefunden hat.

 

Zusammensetzung der Online-Verkäufe

Bildende Kunst macht 32 Prozent der Online-Verkäufe aus und liegt mit Abstand deutlich vor Uhren und Schmuck (23 Prozent), dekorativen Künsten (12 Prozent) und Möbeln (8 Prozent).

Andere Sammlerstücke wie Briefmarken und Memorabilia entsprechen inzwischen einem Viertel aller Verkäufe. Da sich insbesondere traditionelle Auktionshäuser um jüngere Sammler bemühen, erwartet Hiscox, dass dieses Segment in Zukunft stärker in den Fokus rücken wird.

Wenige Player werden Online-Markt dominieren

Eine Konsolidierung ist demnach weithin zu erwarten. Dabei glauben 67 Prozent der befragten Vertreter von Kunsthandelsplattformen, dass der Online-Markt in den nächsten fünf Jahren von wenigen global agierenden Playern dominiert werden wird.

Etwa 63 Prozent gehen davon aus, dass sich bestehende Kunstmarktbetreiber wie Galerien zu den großen Online-Akteuren entwickeln werden. 48 Prozent sagen, dass ein „Outsider“ (zum Beispiel ein Start-up oder ein Technikgigant) den Markt aufrütteln wird.

Janna-Lena Baierle, Underwriter Art & Private Clients, Hiscox in Hamburg

Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Vertreter von Online-Kunstplattformen (gegenüber 62 Prozent im Jahr 2019) glauben, dass der Online-Kunstmarkt sammlungsspezifisch bleiben wird. Wobei einzelne Plattformen bestimmte Segmente wie Fotografie, Drucke, Möbel oder Design dominieren werden.

Janna-Lena Baierle, Underwriter Art & Private Clients bei Hiscox in Hamburg, zur Situation in Deutschland: „Wir konnten beobachten, dass unsere Kunden verstärkt in den Monaten der Beschränkungen die Zeit genutzt haben, um ihre Kunstsammlungen zu aktualisieren. Um unsere Kunden dabei optimal zu unterstützen, haben wir vermehrt nicht nur Kunst-Schreibtischexpertisen, sondern auch Video-Meetings durchgeführt, wofür wir viel positives Feedback erhalten haben. Daher soll diese neue Möglichkeit der Kommunikation fester Bestandteil der gemeinsamen Zusammenarbeit mit unseren Kunden werden – auch in diesem Bereich findet damit eine Digitalisierung zum Nutzen beider Seiten statt.“

 

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