Neue Stärke durch persönliche digitale Kontakte

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Wie kommuniziert man mit Kunden und Vertriebsmitarbeitern während des Corona-Lockdowns? Welche Möglichkeiten gibt es, sich mit dem externen Vertrieb, mit Partnern und Kunden im kleinen Kreis, aber auch in größeren Gruppen weiterhin im direkten Gespräch auszutauschen, Informationen weiterzugeben, fachliche Diskussionen zu führen, Rückfragen und Einschätzungen aufzunehmen?

Für Versicherer und für Makler ist die aktuelle Situation gleichermaßen schwierig. Außendiensttagungen werden ebenso wie die persönliche Kundenberatung durch Versicherungsvermittler über Monate unmöglich bleiben. Die Frage ist: Können digitale Kommunikationstools hier Abhilfe schaffen? Die Unsicherheiten dabei sind groß. Denn zum einen gibt es mit Blick auf technisches Know-how bei den Zielgruppen deutliche Vorbehalte. Und zum anderen ahnen viele, dass sich auch die Art, wie Inhalte vermittelt werden, ändern muss.

Dr. Perry Reisewitz, Dozent an mehreren Universitäten und Hochschulen und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Compass Communications im bayerischen Starnberg, begleitet Unternehmen auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Chefredakteurin Brigitte Hicker sprach mit dem Kommunikationsexperten.

Herr Dr. Reisewitz, Messen und Vertriebsschulungen werden reihenweise abgesagt, Versicherer reduzieren den persönlichen Kontakt zu ihren Vertriebspartnern und Versicherungsvermittler befinden sich durch den fehlenden persönlichen Kontakt gegenüber volldigitalen Plattformen mit scheinbar einfachen Versicherungslösungen in der Defensive. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?

Perry Reisewitz: Wir verlieren gerade viele soziale Kontakte, die für das Versicherungsgeschäft bisher wesentlich sind. Der Aufbau von Vertrauen geschieht eben nicht durch die Weitergabe von Fakten, sondern durch persönliche Gespräche. Ein Makler ist ein guter und erfolgreicher Vermittler, wenn er die individuellen Umstände und Vorstellungen seines Kunden über viele Jahre hinweg kennenlernt, darauf eingehen kann und zu einem persönlichen Berater und Vertrauten wird. Wenn das vertrauliche Gespräch mit dem Kunden jetzt gestört wird, schädigt dies das Verhältnis zwischen den Gesprächspartnern.

Hinzu kommt: Neugeschäft über Empfehlungen und ein gutes persönliches Netzwerk wird praktisch unmöglich. Die Folge für den Makler ist, dass er Geschäft an digitale Plattformen verliert. Und für den Kunden kann es bedeuten, dass er durch die fehlende Beratung falsche Entscheidungen trifft, die erst nach Jahren sichtbar werden.

Wie sehen Sie die Lage bei dem Vertriebskanal Maklergeschäft?

Für Versicherer ist es natürlich wichtig, den direkten Kontakt zu ihren Vertriebspartnern auch persönlich zu pflegen, trotz der Digitalisierung und der Services, die die unterschiedlichen Plattformen bieten. Deshalb sind die Gesellschaften nach wie vor auf Fachtagungen, Roadshows und Maklermessen präsent. Aktuell gilt, dass alle Großveranstaltungen in Deutschland bis zum 31. August grundsätzlich untersagt sind. Wann Locations und Tagungshotels wieder öffnen dürfen, ist noch nicht entschieden und für kleinere Tagungen gelten Hygienevorschriften wie die Abstandsregeln und das Gebot zum Tragen eines Mundschutzes.

Für die Kommunikation heißt das: Ich kann das Gesicht und den Gesichtsausdruck meines Gegenübers nicht erkennen. Für rein fachliche Gespräche und Einkaufssituationen funktioniert das. Für Tagungen und Seminare ist das als Kommunikationsform undenkbar.

Gibt es Alternativen?

Auch wenn es dem einen oder anderen noch schwerfällt: Mit modernen digitalen Kommunikationstools wie Skype, Zoom, Microsoft Teams oder Google Hangouts Meet funktioniert die gesamte Bandbreite vom persönlichen Vieraugengespräch bis zur Konferenz mit mehreren Hundert Personen. Seminare mit komplexen Strukturen sind möglich, bei denen man sich zu einer Keynote zunächst in einem großen digitalen Raum trifft, danach in kleineren Sektionen mit einem Fachreferenten zusammen ein spezialisiertes Thema diskutiert und eventuell hier erarbeitete Ergebnisse dem Plenum vorstellt. Ob Einzelgespräch, Podiumsdiskussion, Workshop oder Großveranstaltung mit diversen Referenten – die Technik ist vorhanden und sie ist für den Teilnehmer ganz einfach anzuwenden. Letzte Woche haben wir ein größeres Meeting organisiert, an dem ein 78-Jähriger und eine 82-Jährige teilgenommen haben.

Wie sieht es mit Präsentationen, der Arbeit am Flipchart, dem Zeigen eines Imagefilms, dem Branding aus? Die genannten Plattformen haben jeweils einen etwas anderen Zuschnitt. Wenn man weiß, wie eine Veranstaltung ablaufen soll, findet sich auch die passende Technik. Die Erfahrung zeigt: Selbst Makler, die mit ihrem PC eher auf Kriegsfuß stehen, können schnell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte eigene Formate umsetzen.

Man beherrscht die wichtigen technischen Schritte nach einem Tag Schulung  und ein wenig Übung. An komplexere Themen tastet man sich Stück für Stück heran, also etwa, wenn das Logo immer im Bild sein und der Blick in die Kamera stets passen soll, wenn ich ein reales oder digitales Flipchart einbinden oder Folien und YouTubes zeigen will. Auch Umfragen sind möglich, ebenso das Bereitstellen von Informationen, etwa als PDF.

Also alles wie im richtigen Leben?

Nicht ganz. Die Aufmerksamkeitsschwelle der Teilnehmer liegt bei digitalen Formaten deutlich unter der bei Präsenzveranstaltungen. Ich benötige also kürzere Infoblöcke und muss meine Teilnehmer mehr aktivieren – etwa durch direkte Ansprache, Umfragen, die Bitte um ein Statement oder eine Einschätzung oder auch eine Fragestellung, die ein kleiner Kreis gemeinsam in einem separaten digitalen Raum bespricht, um dann im Plenum das Ergebnis zu präsentieren. Das braucht ein wenig Übung. Gut ist, wenn bei den ersten Veranstaltungen ein Co-Moderator mit dabei ist, der sich auskennt und schnell unterstützen kann.

Der Moderator benötigt also technische Skills und auch eine neue Didaktik?

So kann man das formulieren. Versicherungsvermittler sind hochkommunikative Menschen, die viel Gespür für Gesprächssituationen besitzen. Die Technik ist heute kein großes Hemmnis mehr. Und was die Didaktik angeht: Wer die kommunikativen Qualitäten mitbringt, die der Vertrieb erfordert, adaptiert solche Dinge schnell. Und all das, was bei klassischen Gesprächen und Veranstaltungen funktioniert, ist auch digital möglich: ein launiges Fallbeispiel zu erzählen, spontan witzige Bemerkungen einzustreuen oder dem Gespräch als Moderator durch die passenden Fragen die richtige Richtung zu geben.

Ihre Einschätzung – wie wird sich die Branche entwickeln?

Wir erleben ja auf der Service-Seite bei der Kommunikation zwischen Makler und Versicherer seit einigen Jahren ein großes Maß an Digitalisierung: Einführung technischer Standards, verbesserter Datenaustausch, schnellerer Service. Jetzt wird das persönliche Gespräch digitalisiert und wir erleben, dass die Qualitäten der direkten Kommunikation dabei nicht auf der Strecke bleiben müssen. Im Gegenteil: Ich kann mehr Menschen gleichzeitig erreichen, effizienter arbeiten und dabei den persönlichen Kontakt aufrechterhalten. Ich glaube, dass die Versicherer und die Makler, die sich darauf jetzt einlassen, daraus gestärkt hervorgehen.

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Persönliche Gespräche in Corona-Zeiten von Veranstaltung bis Vertrieb

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Digitale Kunden-Events managen

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  • Wie bleibe ich digital mit Kunden und Vertriebsmitarbeitern im Kontakt (Zoom, Teams, Skype & Co.)?
  • Wie viel Technik und Software benötigen Gastgeber und Gast?
  • Wie optimiere ich die eigene Darstellung?
  • Ändert sich die Gesprächsführung im Vergleich zu realen Treffen?
  • Kann ich bei größeren Veranstaltungen Zwischendiskussionen in Experten-Gruppen ermöglichen?
  • Was muss ich bei der Vorbereitung berücksichtigen?
  • Wie stelle ich Unterlagen zur Verfügung?

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