Digitale Plattformen: Deutsche Unternehmen zögern noch

Digitale Plattformen: Deutsche Unternehmen zögern noch
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Unternehmen in Deutschland zeigen sich mit Blick auf digitale Plattformen gespalten: Rund zwei Drittel nehmen an, dass die Nutzung digitaler Plattformen insgesamt mehr Vorteile als Nachteile für sie bringt. Aber jedes vierte sagt, dass digitale Plattformen ihre Existenz gefährden. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

Jedes fünfte Unternehmen misst digitalen Plattformen keine Bedeutung für das eigene Geschäft zu.

Vorteile digitaler Plattformen

96 Prozent halten ganz allgemein die Digitalisierung für eine Chance für das eigene Unternehmen. Nur 3 Prozent sehen in ihr ein Risiko.

Die deutsche Wirtschaft zählt zu den wichtigsten Vorteilen digitaler Plattformen die Schaffung eines breiteren Angebots (74 Prozent), die Erschließung neuer Kundengruppen (72 Prozent) und die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens (68 Prozent).

Dahinter folgen die Steigerung der Bekanntheit (63 Prozent) und die Förderung von Innovationen (62 Prozent). 57 Prozent sehen eine Steigerung des Umsatzes bei bestehenden Produkten und 42 Prozent zusätzliche Umsätze mit neuen Produkten. Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) verspricht sich durch die Gewinnung von Daten Vorteile.

Nachteile digitaler Plattformen

Als Nachteil empfinden Unternehmen den einfachen Marktzutritt für neue Wettbewerber (65 Prozent), einen erhöhten Preisdruck sowie den Verlust der direkten Kundenbeziehung (je 55 Prozent). Dahinter folgen schrumpfende Margen durch Gebühren (48 Prozent).

42 Prozent haben Sorgen, dass sie in Abhängigkeit vom Plattformbetreiber geraten und jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) sieht die Weitergabe von Kundendaten an den Plattform-Betreiber kritisch. Jedes Vierte (23 Prozent) beklagt darüber hinaus einen unklaren Rechtsrahmen, etwa bei Kooperationen für den Aufbau von Plattformen.

52 Prozent der Unternehmen glauben, dass sich auf Dauer nur eine Plattform für einen Zweck auf dem Markt halten kann und so ein Monopol entstünde.

Achim Berg, Bitkom-Präsident, dazu:

„Auf jedem Markt gibt es Platz für mehr als eine digitale Plattform. Und die Karten werden in der digitalen Welt ständig neu gemischt – selbst heute führende Plattformen können in einigen Jahren von neuen Wettbewerbern überholt werden.“

Nutznießer digitaler Plattformen

Von digitalen Plattformen profitieren nicht nur die Anbieter, sondern alle Beteiligten können aus der Plattform Vorteile ziehen. Das denken die allermeisten deutschen Unternehmen. Ganz oben in der Liste der Nutznießer stehen dabei die Plattformbetreiber selbst (98 Prozent), aber 79 Prozent sehen auch Vorteile für die Anbieter auf der entsprechenden Plattform und 73 Prozent für die Kunden, die die Plattform nutzen. Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) ist sogar überzeugt, dass die gesamte Branche von einer digitalen Plattform Vorteile hat.

Relevanz von digitalen Plattformen

Obwohl Plattformen im Allgemeinen eine hohe Bedeutung zugemessen wird, geben 30 Prozent an, dass sie für ihr eigenes Unternehmen nicht relevant sind. Jedes elfte Unternehmen hat zwar die Bedeutung von Plattformen für sich erkannt, nutzt sie aber bisher nicht. 45 Prozent der Unternehmen ist Anbieter auf Plattformen, fast genauso viele (44 Prozent) fragen Produkte oder Dienstleistungen auf digitalen Plattformen nach. Und nur jeweils 5 Prozent aller Unternehmen geben an, dass sie selbst eine digitale Plattform alleine beziehungsweise mit einem Partner betreiben.

Von den Unternehmen, die Plattformen bislang nicht nutzen, schließen 66 Prozent ihre Nutzung auch für die Zukunft aus.

Als größte Hemmnisse für den Einsatz digitaler Plattformen nennen die Plattformnutzer Anforderungen an den Datenschutz (64 Prozent), Anforderungen an die IT-Sicherheit (55 Prozent) und fehlendes qualifiziertes Personal (54 Prozent). Ein unzureichendes Budget (19 Prozent) oder fehlender wirtschaftlicher Nutzen (11 Prozent) spielen hingegen kaum eine Rolle. Allerdings sind dies für die Nichtnutzer von Plattformen gewichtige Hemmnisse. Denn 60 Prozent geben fehlendes Know-how, 52 Prozent fehlenden wirtschaftlichen Nutzen und 39 Prozent ein unzureichendes Budget als Gründe an.

Umgekehrt sind die Plattformnutzer von ihrer Entscheidung überzeugt: 93 Prozent derjenigen, die bereits Plattformen nutzen, würden bei einem Jobwechsel auch ihrem neuen Unternehmen empfehlen, auf digitale Plattformen zu setzen.

Ausbau der Investitionen

55 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Plattforminvestitionen in diesem Jahr zugenommen haben. Bei 37 Prozent sind sie unverändert geblieben und nur bei 2 Prozent haben sie abgenommen. Im kommenden Jahr will jedes Dritte Unternehmen die Ausgaben erhöhen, jedes Zweite (54 Prozent) möchte sie konstant halten, aber 8 Prozent wollen sie reduzieren.

Forderung nach Unterstützung aus Politik

84 Prozent der Unternehmen fordern, dass die Politik den Aufbau deutscher und europäischer digitaler Plattformen fördern sollte. Als konkrete politische Maßnahmen werden europaweit einheitliche Regeln (53 Prozent) sowie mehr Rechtssicherheit für digitale Plattformen (50 Prozent) gefordert.

Öffentliche Mittel zum Aufbau digitaler Plattformen wünscht sich nur eine Minderheit von 36 Prozent. 32 Prozent sprechen sich für Unterstützung bei Kooperationen mit anderen Unternehmen aus, um gemeinsam digitale Plattformen aufzubauen. Ähnlich viele würden Impulse durch Lockerungen beim Datenschutz (29 Prozent) begrüßen.

Aber nicht nur die Politik sei gefordert, laut Achim Berg müsse sich vor allem die Wirtschaft selbst bewegen. 82 Prozent der Befragten unterstützen die Aussage, deutsche Unternehmen sollten viel häufiger zu Plattformanbietern werden. Immerhin jeder Vierte (25 Prozent) ist dagegen der Meinung, deutsche Unternehmen sollten sich nicht um das Thema Plattformen kümmern, sondern täten besser daran, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Bedeutung digitaler Plattformen wird steigen

90 Prozent sind überzeugt, dass in zehn Jahren digitale Plattformen für die weltweite wie auch für die deutsche Wirtschaft (89 Prozent) sehr wichtig oder eher wichtig sein werden. 83 Prozent stimmen der Aussage für die eigene Branche zu und immerhin 75 Prozent für das eigene Unternehmen.

Achim Berg erklärt:

„Die Unternehmen haben erkannt, dass digitale Plattformen eine wachsende Bedeutung haben und wünschen sich, dass es viel mehr davon in Deutschland und Europa gibt – aber im eigenen Unternehmen wollen sich noch zu wenige damit beschäftigen.

Wir sollten viel öfter über die Chancen und faszinierenden Möglichkeiten von Plattformen gerade für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland sprechen. Es gibt viele Beispiele die beweisen: Deutschland und Europa kann Plattformen.“