Nicht gestreut trotz überfrierender Nässe – Schmerzensgeld für gestürzte Radfahrerin

Nicht gestreut trotz überfrierender Nässe – Schmerzensgeld für gestürzte Radfahrerin
© Animaflora PicsStock / fotolia.com

Eine Radfahrerin stürzte aufgrund überfrorener Nässe und verletzte sich an der Hand. Das Oberlandesgericht München urteilte, dass die mit Räum- und Streupflichten befasste Beklagte Schmerzensgeld an die Klägerin zahlen muss.

Die Klägerin fuhr morgens mit dem Fahrrad zum Einkaufen zu einem Supermarkt. Die Mindesttagestemperatur betrug 0,4 Grad Celsius. Sie stürzte unmittelbar vor dem Radstellplatz und erlitt dabei eine Fraktur des rechten Mittelfingers mit Kapselanriss.

Auch wenn die Straßen und Wege im Wesentlichen frei von Schnee, fuhr die Klägerin vorsichtig, weil es am Vortag geregnet hatte und über Nacht sehr kalt war. Nach ihren Angaben geriet sie auf eine nicht erkennbare circa drei mal drei Meter große Fläche überfrorener Nässe und stürzte. Es war nicht gestreut.

Nicht gestreut

Der Versicherung hatte die Beklagte mitgeteilt, dass das Unternehmen an dem Tag den Parkplatz nicht geräumt oder gestreut hatte. Da Parkplätze und Wege schnee- und eisfrei waren und am Boden noch genügend Splitt vorhanden war, wurden sie von der Gemeindeverwaltung, für die sie ebenfalls Räum- und Streudienste ausführte, an diesem Tag nicht zum Einsatz gerufen worden.

In der Hauptverhandlung erklärte der Ehemann der Beklagten dann, vor wenigen Monaten erfahren zu haben, dass doch ein Mitarbeiter morgens um 5 Uhr vor Ort kontrolliert hatte. Jener konnte sich bei seiner Vernehmung zwar nicht mehr an eine Kontrolle am fraglichen Tag erinnern. Er erklärte, wie sein Arbeitgeber wisse, eigentlich immer frühmorgens kontrolliert zu haben.

Erhöhte Sorgfaltspflichten

Das Oberlandesgericht München urteilte, dass die Verletzungen der Klägerin durch die fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten entstanden sind. Dabei ging das Gericht aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Beklagtenpartei sowie der glaubhaften Angaben der Klägerin davon aus, dass am fraglichen Morgen nicht kontrolliert wurde.

Allerdings gehörte es laut Gericht aufgrund der Wetterbedingungen an dem Tag zur Pflicht der Beklagten, eine Kontrolle an dieser Stelle durchzuführen und bei Feststellung der Glättestelle zu streuen. Die Beklagte, die den Winterdienst gewerblich ausübt, unterliegt im Vergleich mit privaten Anliegern schließlich auch erhöhten Sorgfaltspflichten.

Urteil vom 08. August 2018 (Amtsgericht München, Az. 154 C 20100/17)