Nachhaltige Geldanlagen – kurzfristiger Trend oder Mainstream?

Nachhaltige Geldanlagen – kurzfristiger Trend oder Mainstream?
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Laut dem Marktbericht 2019 des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) waren Ende 2018 rund 219 Milliarden Euro in Deutschland nachhaltig angelegt – ein neuer Höchststand.

Doch vor allem verzeichneten nachhaltige Fonds und Vermögensverwaltungsmandate insgesamt ihr größtes Wachstum seit Beginn der Erhebung und legten um 41 Milliarden Euro zu.

Aber auch bei den Regulierungsbestrebungen ist die „nachhaltige Investition“ ein zentraler Begriff. Das heißt künftig können Kunden, die eine ESG-Präferenz haben, nur „nachhaltige Investitionen“ angeboten werden.

Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V., dazu:

„Das zeigt schon, dass nachhaltiges Investieren allmählich zum Mainstream wird. Das ist aus Anlegersicht auch nicht verwunderlich, da es mittlerweile viele Untersuchungen gibt, die bestätigen, dass nachhaltiges Investieren nicht nur die Risiken senkt, sondern auch keinen Renditenachteil mit sich bringt, sondern zum Teil sogar bessere Erträge.“

Diese Entwicklungen passen gut zu dem Ziel der Europäischen Union, bis 2050 klimaneutral zu sein.

Damit will die EU das im Pariser Abkommen formulierte Ziel, die Klimaerwärmung im Idealfall auf 1,5 Grad, maximal aber auf zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, noch erreichen.

Professor Dr. Rolf Tilmes erklärt:

„Da dafür aber erhebliche Investitionen notwendig sind, die die Regierungen nicht allein stemmen können, sollen private Investitionen zunehmend in nachhaltige Geldanlagen umgelenkt werden.“

Deshalb sind derzeit verschärfte Regularien bezüglich der Beratung der Anleger zu nachhaltigen Investments sowie eine Taxonomie, also ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Geldanlagen, in Arbeit.

Professor Dr. Rolf Tilmes weiter:

„Der Haken dabei ist aber, dass vielen Anlegern, wie Umfragen zeigen, gar nicht klar ist, was Nachhaltigkeit bedeutet und auch nicht, welche Anlagemöglichkeiten es gibt.“

Kaum Investitionen von Privatanlegern

Laut einer Umfrage des Bankenverbandes vom April 2019 halten bislang lediglich fünf Prozent der Befragten nachhaltige Investments in ihrem Depot. Dabei ist besonders bezeichnend, dass diejenigen, die nachhaltige Geldanlagen zwar kennen, jedoch bislang nicht nutzen, vor allem deshalb davor zurückschrecken, weil sie zum Thema zu wenig zu wissen glauben oder von nachhaltigen Finanzanlagen eine zu geringe Rendite erwarten.

Tatsächlich, so hat eine Untersuchung der Wertpapieraussicht BaFin festgestellt, kennen rund 60 Prozent der Menschen hierzulande den Begriff ‚nachhaltige Geldanlage‘ überhaupt nicht.

Vontobel Asset Management kam in einer global durchgeführten Umfrage zu dem Ergebnis, dass sich 45 Prozent der Befragten mehr Informationen in Bezug auf nachhaltige Investments und 46 Prozent bei diesem Thema mehr Unterstützung von ihrem Berater wünschen. Und das gilt umso mehr, da die EU die Regularien hinsichtlich des nachhaltigen Investierens verschärft.

Neue ESG-Regularien der Europäischen Union

Anlageberater und Vermögensverwalter müssen im Rahmen von MiFID II künftig bei ihren Kunden zum Beispiel abfragen, inwieweit sie im Rahmen der Geeignetheitsprüfung eine nachhaltige Geldanlage nach ihren ESG-Präferenzen bei ihrer Altersvorsorge berücksichtigen wollen. Wenn sie dies bejahen, dann muss der Berater in der Lage sein, im Rahmen der Geeignetheitsprüfung dem Kunden Produkte zu empfehlen, die den Nachhaltigkeitszielen des jeweiligen Anlegers entsprechen. Hieraus kommen in Bezug auf die zu empfehlenden Produkte und die Beratung neue Herausforderungen zu.

Dazu kommt die EU-Taxonomie, deren erster Entwurf im Sommer dieses Jahres veröffentlicht wurde. Hier geht es darum, ein Klassifizierungssystem zu entwickeln, das Anlegern dabei helfen soll, besser einordnen zu können, ob und inwieweit bestimmte Wirtschaftsaktivitäten von Unternehmen in ökologischer, sozialer und Governance-Hinsicht, also den so genannten ESG-Kriterien, nachhaltig sind.

Professor Dr. Rolf Tilmes sagt:

„All das ist förderlich und zielt grundsätzlich in die richtige Richtung. Allerdings bedeutet dies auch, dass Finanzberater heute ein sehr tiefes Wissen in diesem Bereich benötigen. Soll diese Initiative erfolgreich sein und sollen tatsächlich mehr Anlagegelder in nachhaltige Geldanlagen fließen, dann braucht es, quasi als eine Art Multiplikator, hervorragend ausgebildete Finanzexperten in diesem Bereich. Sonst sind die ganzen Bemühungen umsonst und lassen nur frustrierte Anleger zurück.“

Deshalb hält Professor Dr. Rolf Tilmes mehr Anstrengungen seitens der Finanzindustrie für dringend nötig, um Berater in Sachen nachhaltiger Geldanlage besser auszubilden. Als Vorbild kann in dieser Hinsicht der FPSB Deutschland dienen.