DIN 77230 wirft Fragen bei der Todesfallabsicherung auf

DIN 77230 wirft Fragen bei Todesfallabsicherung auf
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Mit der DIN 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“ ist die erste deutsche Norm für die Finanzdienstleistung am Markt. Ihr Ziel ist es, die Abläufe in der Versicherungsbranche zu standardisieren, im konkreten Fall die Analyse des Versicherungs- und Finanzierungsbedarfs eines privaten Haushalts, nachvollziehbar und somit haftungssicher.

Bei der Umsetzung ergeben sich jedoch im Detail viele Fragen und es zeigt sich, dass die DIN viele Punkte nicht ausreichend klärt. Zum Beispiel bei der Absicherung im Todesfall, wie der Beitrag von Dirk Pappelbaum, Geschäftsführer der Inveda.net GmbH, zeigt.

Die Verfasser der DIN wollten erreichen, dass dem Kunden vor Abschluss eines Vertrages zur Absicherung eines konkreten Risikos möglichst umfassend dargestellt wird:

  • welche Risiken bestehen in seinem Haushalt
  • wie hoch sind die jeweiligen Lücken, die durch eine private Vorsorge/Absicherung zu schließen wären

Dabei muss die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der aktuelle Lebensstandard nach einer derartigen Absicherung nicht gehalten wird, beziehungsweise das Haushaltseinkommen dennoch sinken kann. Deshalb kann nur der Kunde selbst abwägen, welche Lücken er für gravierend hält und wie weit er sie schließen will. Dabei sollte er nicht emotional, sondern möglichst objektiv über die Absicherung seines Lebensstandards entscheiden.

Dirk Pappelbaum, Inveda.net GmbH

Verschiedene Bedarfsstufen

Da die Definition der Lücken keine ausreichende Entscheidungsgrundlage darstellt unterscheidet die DIN zwischen verschiedenen Bedarfsstufen. Bedarfsstufe 1 sichert lediglich den finanziellen Grundbedarf, der sich oberhalb der staatlichen Grundsicherung bewegt. Damit ist nicht die gesetzliche Grundsicherung gemeint, die DIN orientiert sich hier am gesetzlichen Mindestlohn. Bedarfsstufe 2 soll stets den aktuellen Lebensstandard garantieren, Stufe drei ihn in sogar verbessern.

Für den Todesfall bedeutet dies, dass man bei Bedarfsstufe 1 lediglich den Mindestlohn für die verbleibenden Personen im Haushalt für die folgenden 5 Jahre absichern muss. Bei Bedarfsstufe 2 muss auch das Gehalt des Verstorbenen zumindest zu 80 Prozent abgesichert werden. Bedarfsstufe 3 würde den Lebensstandard erhöhen.

Die Unzulänglichkeiten der neuen DIN in Bezug auf die Todesfallabsicherung lassen sich an den folgenden Punkten gut erklären:

Angenommener Fall

Ein kleiner 2-Personen-Haushalt mit einem Gesamteinkommen von beiden Erwachsenen knapp über dem Mindestlohn und 2 wirtschaftlich abhängigen, minderjährigen Kindern.

Stirbt ein Lebenspartner und ist der Haushalt nicht wirtschaftlich abhängig von einem Einkommen, dann müsste laut DIN keine Vorsorge betrieben werden.

Hier wird schnell ein Widerspruch sichtbar, denn wäre im Haushalt der andere Partner ohne Einkommen, dann müssten 5 Jahre Mindestlohn und für beide Kinder noch einmal 6 Jahre Mindestlohn abgesichert werden.

Ohne Kinder wäre die Lage einfach, aber da in unserem Fall der andere Partner nur knapp über dem Mindestbedarf verdient, wäre es ein Fehler, keine Absicherung vorzunehmen, weil sonst die Kinder nicht ausreichend abgesichert wären.

Richtigerweise müsse man seinem aktuellen Einkommen die 6 Jahre Mindestlohn für die zwei Kinder abziehen. Offen bleibt die Frage, welchen Zeitraum man überhaupt betrachtet. Das Einkommen der nächsten 5 Jahre könnte ein Richtwert sein, da die DIN sagt, dass dieser Zeitraum ausreichend ist, damit der verbleibende Partner sein Einkommen verbessern oder sich an die neue Lebenssituation anpassen kann. Ziehen wir von einem Einkommen, das knapp über dem Mindestlohn ist und auf fünf Jahre hochgerechnet wird, den Mindestlohn von 6 Jahren ab, dann wird klar, dass die Versorgung der Kinder durch den verbleibenden Partner nicht gesichert sein kann. Zu diskutieren wäre auch, wieso für die Kinder ausgerechnet 3 Jahre Mindestlohn angenommen werden.

In den aufgeführten Punkten ist die DIN leider sehr ungenau und lässt den Interpretationsspielraum beim Makler. Das ist insofern kritisch, weil damit das Versprechen der Rechtssicherheit nicht eingehalten werden kann. Die DIN hilft hier lediglich, die Beratung rechtssicherer zu machen, im konkreten Einzelfall ist sie nicht ausreichend.

 

Bilder: (1) © elsebjgmailcom / pixabay.com (2) © Inveda.net GmbH

 

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