bAV: Das A und O ist die Beratung

bAV: Das A und O ist die Beratung
© Münchener Versicherungsmakler GmbH

Anspruchsvolle Themen wie die betriebliche Altersversorgung (bAV) sind für die Kundenkommunikation per Smartphone-App weniger geeignet. Geht es um die betriebliche Altersversorgung oder auch um Betriebsrenten, steht bei den Arbeitnehmern die persönliche Beratung ganz oben auf der Wunschliste. Die bAV ist zu komplex, um sie den Mitarbeitern nur über digitale Kommunikationskanäle zu erklären.

Das Ergebnis einer Umfrage, beauftragt durch das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen Aon, zeigt auf, dass jeder zweite Befragte zwischen 18 und 39 Jahren den Wunsch nach persönlicher Beratung hat. Auf dem zweiten Platz folgt die regelmäßige, schriftliche Information durch den Arbeitgeber, gefolgt von den digitalen Kanälen wie Website und Smartphone-App.

Der experten Report spricht mit Ulrich Schwarzmaier, Gesellschafter-Geschäftsführer der Münchener Versicherungsmakler GmbH, über die Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung.

Seit Beginn 2019 sind Arbeitgeber verpflichtet, die 15-prozentige SV-Ersparnis an den Arbeitnehmer weiterzugeben. Welches Resümee ziehen Sie nach den ersten sechs Monaten?

Wir haben unseren Firmenkunden von jeher empfohlen, deren Mitarbeiter durch einen eigenen Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersversorgung zu unterstützen. Wir wissen aber auch, dass dies nicht immer von den Arbeitgebern angenommen und umgesetzt wurde. Durch die neue gesetzliche Regelung wird dem Vorwurf, Unternehmer profitieren und bereichern sich durch niedrigere Sozialversicherungsabgaben, die Grundlage entzogen. Insofern trägt diese Regelung sicherlich zu einer verstärkten Akzeptanz der bAV bei.

Bewirkt das BRSG spürbare positive Effekte in puncto Marktdurchdringung? Und welche Maßnahmen müssen dafür intensiviert werden?

Jede Art der Subventionierung führt zu einer breiteren Zustimmung auf Arbeitnehmerseite. Und das ist auch sehr wichtig. Denn Konzepte wie diese werden nicht „gekauft“, sondern „verkauft“. Das dürfen wir zu keinem Zeitpunkt vergessen. Wenn Sie Maßnahmen ansprechen, dann sind hier die Arbeitgeber gefordert und natürlich auch wir als Dienstleister. Es gilt, einen vertrauensvollen Grundstein zu legen, und dafür müssen wir mit umfassenden, verständlichen und auch transparenten Informationen und guter Kommunikation agieren.

Welche Erfahrungen machen Sie in puncto Informationsbedürfnis bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern?

Das Informationsbedürfnis bei Arbeitnehmern ist deutlich höher als das bei Arbeitgebern. Arbeitgeber, Personalabteilungen oder auch Verantwortliche aus dem Bereich Human Resources setzen sich mit der Thematik auf Unternehmensseite auseinander und können dementsprechend sehr gut als Schnittstelle fungieren. Bei den Mitarbeitern fehlt häufig das proaktive Interesse daran und die Vorteile der bAV sind nur wenig bekannt. Deshalb sind wir in der Beratung regelmäßig gefordert, die Unternehmen individuell zu unterstützen. In kleineren Betrieben natürlich etwas mehr, da hier die Personalabteilungen eher schlank aufgestellt sind.

Gibt es signifikante Unterschiede, die durch die Unternehmensgröße begründet werden können?

Große Unternehmen führen das Konstrukt der bAV bedingt durch die Unternehmensgröße eher anonym. Da wird die bAV auch als eine betriebswirtschaftliche Größe gesehen, die sich rechnen muss. In kleineren mittelständischen Unternehmen ist der Kontakt zwischen dem (Gesellschafter-)Geschäftsführer intensiver und somit enger. Hier spielt das Wohl der Mitarbeiter eine große Rolle. Insofern bekommen wir als Dienstleister die Gelegenheit, später auftretende Fragen aus der Belegschaft direkt zu klären und persönlich zu beantworten. Besonders wichtig ist dies für den Arbeitnehmer in Verbindung mit einer anstehenden Auszahlungsphase.

Stichwort Auszahlungsphase. Der Sachverhalt der doppelten Verbeitragung führt immer wieder zu Frust auf Verbraucherseite und wird in den Medien häufig eindimensional dargestellt.

Ja, wir haben die Berichte dazu auch verfolgt und gehen davon aus, dass diese Fälle zunehmen und das Konstrukt der betrieblichen Altersversorgung auch schädigen. Sehr schnell ist in Vergessenheit geraten, dass die doppelte Verbeitragung von der damaligen SPD-Ministerin Ulla Schmidt, in einer rot-grün geführten Bundesregierung, eingeführt wurde. Damals (2003) war das Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung sehr hoch und steuerte auf die 10-Milliarden-Grenze zu.

Nächstes Problem – eine Arbeitslosenstatistik auf Rekordniveau.

Es brauchte eine Lösung für leere Staatskassen und die SPD-geführte Bundesregierung beschloss, den Krankenkassenbeitrag, der auf Betriebsrenten fällig wird, zu verdoppeln. In der Konsequenz ist künftig zum Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung auch der Arbeitgeberanteil vom Rentner zu zahlen.

Die doppelte Beitragspflicht gilt seit 2004 auch für die Verträge zur betrieblichen Altersversorgung, die schon vor 2004 abgeschlossen worden waren.

Auch Arbeitnehmer mit einer Direktversicherung, die auf den Vorteil der steuerfreien Auszahlung gesetzt hatten, sind davon betroffen. Nun kommen die ersten Verträge zur Auszahlung und die Versicherungsnehmer sind regelmäßig überrascht, denn die Details aus der Beratung von damals sind schnell in Vergessenheit geraten.

Deshalb setzen wir bei einer umfassenden bAV-Beratung auf zwei ausschlaggebende Analysezeitpunkte: Erstens, wie ist die Situation des Versicherungsnehmers bei Vertragsabschluss, und zweitens, wie ist es um die Kundensituation in der Auszahlungsphase bestellt? Hier greift dann der zweite Part der rechtzeitigen Kundenberatung.

Worauf legen Sie dabei Wert?

Bei Vertragsabschluss geht es darum, Versorgungslücken bestmöglich zu schließen. Dafür gilt es, die Möglichkeiten zu analysieren, die beste Lösung anzubieten und auch umzusetzen.

Viele Jahre später, wenn der Versicherungsvertrag ausbezahlt werden soll, sind wir wieder gefordert.

Nur mit anderen Vorzeichen in der Analyse. Auf Arbeitgeberseite fehlen die Strukturen und auch das Know-how für die Beratung in dieser Phase. Deshalb beschäftigen wir uns als Dienstleister damit. Im Grunde geht es darum, rechtzeitig die relevanten Aspekte für die Auszahlung der Rentenleistung zu klären.

Nennen Sie nur einige Fragen, die unweigerlich entstehen und sich auf die eben genannte Problematik auswirken können:

  • Wie sieht die finanzielle Situation des Versicherungsnehmers bei Rentenbeginn aus?
  • Macht es Sinn, den bAV-Vertrag zum Rentenbeginn komplett abzurufen?
  • Ist ein Splitting von Auszahlung und Rente sinnvoll – und falls ja, in welcher Form?
  • Plant der Arbeitnehmer eventuell, trotz des Rentenbezugs noch 10 bis 15 Stunden weiterzuarbeiten, und welche Auswirkung hat das auf den bAV-Vertrag?
  • Arbeitet eventuell die Ehefrau/der Ehemann noch einige Zeit länger und ist es sinnvoll, den bAV-Vertrag aus eigener Tasche weiterzuführen und erst später abzurufen?
  • Entscheidet sich der Arbeitnehmer für eine laufende Rentenzahlung, ist die Frage nach der Hinterbliebenenrentenleistung von großer Bedeutung. Hier sind verschiedene Alternativen aufzuzeigen. Darüber hinaus ist zu klären, welches Überschussbeteiligungssystem gewünscht wird. Beginnt der Arbeitnehmer beispielsweise mit einer möglichst niedrigen Rente, die dann entsprechend höher steigt als eine von Beginn an höhere Rentenleistung?

Insofern gewinnt diese Form der nachgelagerten Beratung zunehmend an Bedeutung, die sich sowohl für den Versicherungsmakler als auch den Versicherungsnehmer nur positiv auswirken kann.

Das Wichtigste bei der bAV ist die Beratung

Mehr zum Thema in der Juli-Ausgabe

 

Bilder: (1) © Münchener Versicherungsmakler GmbH (2) © experten-netzwerk GmbH